„Wie ein Blick in die Geschichtsbücher des Fußballs“

Das Ellenfeld übt nach wie vor eine ungebrochene Anziehungskraft auf die Fußballfreunde aus. Daran hat auch die derzeitige Rasenerneuerung, die einen Spielbetrieb im Stadion in dieser Saison nicht mehr gestattet, nichts geändert. Eine beeindruckende und unvergessliche Führung konnten am vergangenen Wochenende so auch Michael Pellegriti (Firma Montum), Markus Bienert und André Näth (vom sächsischen Fußballverband) genießen.

Der Key Account Manager der Firma Montum Elektrotechnik aus Landsweiler-Reden, die die LED-Umrüstung der Flutlichtanlage in der Ferraro-Sportarena durchgeführt und auch ein Angebot für ein modernes Flutlicht für das Ellenfeld-Stadion vorgelegt hat, hatte die Führung für den Geschäftsführer und den Marketing- und Eventleiter des Sächsischen Fußballverbands aus Leipzig initiiert. Anlass: Der Besuch der beiden Funktionäre in den Montum-Produktionsstätten in St. Wendel und der Verwaltungszentrale in Schiffweiler. Das sportliche Programm: Am Samstagvormittag Besichtigung des historischen Ellenfelds, am Samstagnachmittag Besuch des 3. Liga-Spiels zwischen der SV Elversberg und dem Sachsen-Vertreter Erzgebirge Aue in der Montum-Loge des Stadions an der Kaiserlinde.

Die Gäste erfuhren von den Vertretern des Ellenfeld-Vereins, Professor Dr. Jens Kelm und Wolfgang Rausch, viele interessante Details aus der Historie des traditionsreichen Stadions und waren nach mehr als zwei Stunden fasziniert von der Aura und dem Gesamtensemble der 111 Jahre alten Sportstätte: „Das ist was ganz Anderes als der Einheitsbrei, den man heute in vielen Arenen zu sehen bekommt. Im Ellenfeld kann man noch förmlich die Luft der Bundesligagründerjahre atmen“, so das Urteil der drei Fußballenthusiasten, die vor allem vom imposanten Blick aus der schwindelnden Höhe der Spieser Kurve beeindruckt waren. „Bitte erst umdrehen, wenn wir oben sind“ – dieser Aufforderung von Dr. Jens Kelm kamen die drei Gäste gerne nach, so richtig verstehen, warum sie das tun sollten, konnten sie allerdings erst ganz oben auf der letzten der 46 steilen Stufen, als sich ihnen ein überwältigendes Panorama auf das Stadionensemble bot. Auch der Einblick in die noch vorhandenen „Innereien“ unter der Haupttribüne – ehemaliger Geschäftsstellenraum, Duschen, unter denen ein Fritz Walter „brauste“, die Überbleibsel der in Marmor gefassten elektrischen Schalttafel aus den 50er-Jahren – sorgten ebenso für kleine „Gänsehaut-Momente“ wie die große, vergilbte Werbetafel im VIP-Raum mit einem Überblick über die Historie der alten Dame Borussia.

Das Ellenfeld-Stadion – Anziehungspunkt vieler Fußball-Historiker und Nostalgiker aus aller Herren Länder, derzeit eine Baustelle, doch hoffentlich bald mit neuem satten grünen Rasenteppich! (Foto: -jf-)

„Das ist wie ein Blick in die Geschichtsbücher der Bundesliga“, stellte Michael Pellegriti fest, der das Ellenfeld zwar schon zuvor mal besucht, aber noch keine Führung erlebt hatte und den beiden kompetenten Begleitern, Dr. Kelm und Wolfgang Rausch, ein großes Kompliment machte: „Sie haben mit ihren Kommentaren und Bildern das altehrwürdige Stadion so richtig lebendig werden lassen.“  Dass Dr. Kelm in seinen Ausführungen das Camp Nou in Barcelona als Vergleich hinzugezogen hatte, interpretierte Michael Pellegriti zunächst eher scherzhaft, musste aber bei genauerem Hinsehen zugeben: „Das Camp Nou ist zwar sicher gigantischer, aber von der Bauweise her ist an diesem Vergleich durchaus was dran!“ Was viele auch nicht wissen: Bevor Bundesliga-Aufsteiger Borussia Mönchengladbach in der Saison 1965/66 die neue Tribüne im Bökelberg-Stadion baute, waren Vertreter der Vorstandschaft vom Niederrhein in die Hüttenstadt gereist, um sich die (stützenlose) Tribüne im Ellenfeld, damals eine architektonische Meisterleistung, anzusehen: „Ein Jahr später stand eine ganz ähnliche Tribüne am Bökelberg“, weiß Dr. Jens Kelm.

„Das Stadion war alt, es war `verrucht´, also da wurde ja wenig renoviert in all den Jahren in den Umkleidekabinen, aber das hatte etwas Ursprüngliches. Es ging um den Sport, um Fußball. Das war herrlich!“ Diese Worte von Mehmet Scholl in der „Kicker“-Ausgabe des vergangenen Montags gelten dem alten, mittlerweile abgerissenen Wembley-Stadion in London. Was den Neubau angeht, vertritt der Ex-Profi des FC Bayern – bei allem Verständnis für die Bedeutung zeitgemäßer Sportstätten für die Einnahme-Generierung im sogenannten modernen Fußball – ebenfalls eine klare Meinung: „Wenn du da reingehst, könntest du auch gerade in Kapstadt, New York oder sonst wo stehen.“  Etwas Ursprüngliches – das hat bis heute ganz sicher auch das Ellenfeld mit seiner über das rein Sportlich hinausgehende, geschichtliche Bedeutung für Neunkirchen, vermittelt es doch jedem Fußballromantiker und -nostalgiker das Gefühl, nach Hause zu kommen. 

Apropos Wembley: Seit 1923 findet bis heute dort das FA-Cup-Finale statt, jährlicher Höhepunkt des großen Wembley-Fußball-Theaters. Das Saarlandpokalfinale auf Dauer in Neunkirchen? Auf neuem Rasenteppich mit weiteren Ertüchtigungen zum Beispiel in der Spieser-Kurve? In einzigartiger, dichter Fußball-Atmosphäre mit steilen Rängen? Das Wembley des Saarlandes? Eine Gelegenheit, sich mit der saarländischen Fußballhistorie zu verbinden? Oder nur ein unerfüllbarer Traum? Zumindest eine charmante Idee. Sie ist nicht neu, doch wert, immer wieder mal aufgegriffen zu werden. „Ob sich die Stadt Neunkirchen bewusst ist, welche sporthistorische Rarität, welchen Anziehungspunkt weit über das Saarland hinaus sie da im Ellenfeld stehen hat?“ Das fragen sich sicher nicht nur Michael Pellegriti und die Gäste aus Sachsen. (-jf-)

HINWEIS: Stadionführungen im Ellenfeld durch unsere Experten Prof. Dr. Jens Kelm und Wolfgang Rausch sind nach Terminabsprache (unter: mr@borussia-neunkirchen.de oder Tel. 06821-9144747) möglich.

6 Kommentare

  1. Ein sehr guter Beitrag, dessen abschließende Frage ich leider so beantworten muss:
    Nein, die Stadt ist sich dessen nicht bewusst, was sie mit dem Ellenfeld-Stadion hat.
    Siehe:
    Scheiber Wasserturm
    Straßenbahn
    Stadtbad
    Gasometer
    Harig‘s Haus
    Gasmaschinenzentrale Heinitz

    Wäre die Porta Nigra in Neunkirchen erbaut worden, wäre sie schon abgerissen! Auf Besserung sollten wir hoffen!

    Hoch lebe Eisen und unser Ellenfeld, mehr als nur ein Stadion ⚒🏟⚒

    Prof. Dr. Jens Kelm
    Mitglied im ÄR der Borussia
    ELLENFELD e.v.

  2. Ich muss zugeben, dass ich in den letzten Jahren das Ellenfeld als Klotz am Bein der Borusse bezeichnet hatte. Aber ich erkenne, dass das Ellenfeld das Einzige ist, was die Borussia noch vorzuweisen hat. Sportlich steht man gemeinsam mit Dorfvereinen im Niemandsland der 6. Liga und eine Besserung ist nicht in Sicht. Deshalb sollte das Ellenfeld noch lange erhalten bleiben, damit man noch von besseren Zeiten träumen kann.

  3. Immer wenn der Jo Frisch berichtet, dann hat das Hand und Fuß. Großes Kompliment an diesen Mann der es immer wieder versteht, dass Borussia Neunkirchen immer in Erinnerung bleibt. Danke, lieber Jo und weiter so. Ein stiller Fan von BNK.

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