
Unser Bild: Zu hoch angesetzt hat Tim Klein diesen Freistoß, der zwar über die Mauer, aber auch über das Tor fliegt. (Foto: -jf-)
Am Ende war es standesgemäß. Mit 5:0 gewann Bundesligist Borussia Mönchengladbach das Benefizspiel im Ellenfeld gegen eine Borussia aus Neunkirchen, die sich gut trotz der Niederlage gut präsentiert und alles reingeworfen hat. „Heute geht jeder nach Hause und kann mit Recht sagen, dass er ein gutes Fußballspiel mit würdigem Rahmen gesehen hat“, bilanzierte Jan Berger. Das Einzige, was der Borussen-Trainer bedauerte: „Schade, dass uns der Ehrentreffer nicht gelungen ist. Chancen dafür waren da, und ich glaube, wir hätten ihn auch verdient gehabt.“ Eine Aussage, die wohl jeder, der die 90 Minuten im Ellenfeld-Stadion gesehen hat, bestätigen kann.
Borussias Trainerteam Jan Berger und Jörg Backes hatte vor dem Spiel ihre Jungs auf einen „offenen Schlagabtausch“ eingestimmt: „Wir haben gesagt: Der Unterschied ist gar nicht so groß. Die Gladbacher schauen in der kommenden Saison nicht anders als wir am Dienstag und Mittwoch die Champions-League. Also gehen wir raus und verstecken uns nicht“ gibt Jan Berger mit einem Schmunzeln um die Lippen einen kleinen Einblick in die Kabinengeheimnisse. Entsprechend motiviert ging die Borussia aus dem Saarland in die Partie und setzte gleich ein Zeichen, denn nach fünf Minuten fehlte nicht viel an der Führung: Nach einem Gladbacher Eckball schalteten die Borussen blitzschnell um, und als Sayfedine El Khadem das Leder geschickt über die gegnerische Abwehrkette hinweg zu Niklas Backes verlängert hatte, lief Borussias Nummer 14 alleine auf Torhüter Tiago Pereira Cardoso zu, der allerdings den Winkel geschickt verkürzte und so einen frühen Einschlag verhindern konnte. Nur eine Minute später landete ein Distanzschuss von Sayfedine El Khadem, der anschließend schon frühzeitig verletzt raus musste, auf dem Tornetz statt mittendrin.

Gute Defensivarbeit gegen Gladbachs Angreifer Shio Fukuda mit Marco Dahler im Kopfballduell (oben) und Lenny Niederländers sauberer Grätsche (unten). (Fotos: -jf-)

Die Gladbacher hatten natürlich auch ihre Gelegenheiten, doch fanden sowohl Franck Honorat (24. / 34.) als auch Shio Fukuda (8.) in Torhüter Dominik Jost ihren Meister. „Der Torwart ist klasse“, sparte auch Hannelore Kraft, die frühere Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, die sich jetzt als Präsidiumsmitglied bei der Elf vom Niederrhein engagiert, nicht mit Komplimenten für Dominik Jost, der seine Pranken reaktionsschnell ausgefahren hatte. Machtlos war er allerdings nach 12 Minuten, als Shio Fukuda nach einer Stöger-Ecke mit geschickter Körpertäuschung das Leder passieren ließ und der aufgerückte lange Fabio Chiarodia die Kugel aus nächster Nähe mit dem Schienbein ins Netz bugsierte. Acht Minuten später nahezu die gleiche Situation: Wieder war Chiarodia nach einem Eckstoß von Kevin Stöger gedanklich am schnellsten und schießt aus 6 Metern zum 0:2 ein. „Ärgerlich, dass wir die Gegentore aus zwei Standards bekommen, aber dass die Gladbacher auch da ihre Qualitäten haben, muss man wohl nicht eigens erwähnen“, befand Marco Dahler in seiner Halbzeitanalyse vor den Kameras des „Saarländischen Rundfunks“ (SR). Ansonsten war der Borussen-Kapitän mit seiner Mannschaft aber sehr zufrieden: „Wir sind läuferisch stark und agieren sehr diszipliniert. Wir haben uns ja vorgenommen, uns nicht nur hinten reinzustellen, sondern den Zuschauern auch etwas zu bieten. Das machen wir bis jetzt ganz gut.“
Auch in der zweiten Halbzeit gehörte die erste gefährliche Offensivaktion den Jungs aus dem Ellenfeld. Tim Klein, mit einem langen Ball auf der rechten Seite „auf die Reise“ geschickt, zog nach innen, doch seinem Abschluss mangelte die Präzision, so dass Pereira Cardoso das Leder aufnehmen kann. Die Gäste aus Gladbach verzeichneten erst nach gut einer Stunde eine ernsthafte Torannäherung: Kevin Stöger zimmerte einen Freistoß direkt aufs Tor, wo der aufmerksam Dominik Jost das Leder wegfausten konnte, der Nachschuss von Chiarodia verfehlte das Tor knapp (63.). Nachdem auch ein Neuhaus-Abschluss links am Tor vorbeigesaust war, ging es dann doch Schlag auf Schlag: Zunächst wehrte der eingewechselte Maximilian Strack im Flug einen Kopfball von Niklas Swider bravourös ab, war aber gegen den zweiten Kopfball von Veit Stange, der am langen Eck blank stand, machtlos (73.). Maximal unglücklich für Maximilian Strack nach 80 Minuten der Abschluss von Fabio Chiarodia: Gladbachs Abwehrspieler, der offenbar Spaß am Toreschießen gefunden und seine Torjägerqualitäten entdeckt zu haben schien, ließ Lukas Hoffmann mit einer Körpertäuschung aussteigen, das noch abgefälschte Leder trudelte aufreizend langsam Richtung Torlinie, wo Tim Braun mit einer Grätsche noch versucht, das Überschreiten der Torlinie zu verhindern – vergeblich! Linienrichter Rahim Suleimana, der gute Sicht auf die Situation hatte, zeigte, mit seiner Fahne unverzüglich Richtung Mittellinie weisend, das Tor an.

Maximal unglücklich: Fabio Chiarodias Ball wird von Lukas Hoffmann noch gefälscht (oben), ehe er unhaltbar für Maximilian Strack ins Netz rollt (unten). (Fotos: -jf-)

Den Torreigen vollendete nur zwei Minuten später der junge Fritz Fleck, der eine Ablage von Kilian Sauck einschob und damit sein erstes Tor im Profikader markierte. Überhaupt konnte die Gladbacher Nachwuchsgarde, aus der der eine oder andere im Verlauf der zweiten 45 Minuten zum Zuge kam, durchaus überzeugen. „Deshalb sind solche Auftritte wie heute sehr wichtig, denn unsere Talente haben die Gelegenheit, auf sich aufmerksam zu machen und sich bei unserem Trainerteam für höhere Aufgaben anzubieten“, zeigte sich auch Sportchef Roland Virkus durchaus angetan. Doch die Mannschaft aus dem Ellenfeld steckte nicht auf, behielt den Kopf oben und schnupperte bis zum Schluss am Ehrentreffer. So verfehlte Lennart Niederländer mit einem Distanzschuss das Gladbacher Tor nur knapp, wobei der heranrauschende Tim Klein um Sekundenbruchteile zu spät kam, um den Ball noch ins Tor zu bugsieren (76.). Nach einem Niederländer-Eckball und Kopfball-Abwehr landete die Kugel genau vor Tim Brauns Füßen, dessen Schuss im letzten Moment abgeblockt werden konnte (85.). Und als eine Flanke von der linken Seite Gladbachs Veit Stange am Oberschenkel traf, verhinderte der linke Torpfosten den durchaus verdienten Ehrentreffer (87.).
Als Schiedsrichter Justin Hasmann nach gut 90 Minuten die Partie abpfiff, hatten sich beide Mannschaften den Beifall der mehr als 5.000 Fans verdient. Gladbachs „Fohlen-TV“ sprach von einem „guten und sehr fairen Spiel, in dem auch der Sechstligist fußballerische Lösungen gesucht hat.“ In Hannelore Kraft hatte derweil „das Fußballromantiker-Herz höher geschlagen. Das Ambiente hier erinnert mich so an den Bökelberg und an eine Zeit, in der der Fußball noch ganz anders war.“ Gladbachs Vorstandsmitglied betonte die Wichtigkeit solcher Auftritte für die Außendarstellung des Klubs: „Wir haben ja überall viele Fans, auch im Saarland. Für uns ist ein solches Spiel auch ein Stück Zurückgeben, denn viele kommen weite Wege zu uns ins Stadion. Und jetzt fahren wir mal ins Saarland. Wenn man dann noch die historische Komponente überlegt, dann macht das erst richtig Freude, hier zu spielen.“ Auf Gladbacher Seite habe man nicht lange überlegen müssen, mit einem solchen Benefizspiel der Namenscousine aus Neunkirchen zu helfen: „Wenn man so eine gemeinsame Geschichte hat, ist das für uns keine Frage, hilfreich zur Seite zu stehen“, so Hannelore Kraft, die mit diesen Worten bei Sportchef Roland Virkus volle Zustimmung findet „Es geht darum, Borussia Neunkirchen etwas zurückzugeben, schließlich haben wir hier im Ellenfeld vor fast 60 Jahren unser erstes Bundesligaspie bestritten. Dann haben sich die Wege getrennt, und jetzt haben sie sich wieder gefunden. Da fühlen wir uns auch dem Amateurfußball verbunden und helfen gerne, wenn Not am Mann ist.“

Chance auf den Ehrentreffer: Tim Braun (Nr. 4) nimmt Maß, doch sein Schuss wird abgeblockt. (Foto: -jf-)
Auf einen Spieler im schwarz-weißen Trikot hatte Roland Virkus sein besonderes Augenmerk gelegt, ihn hatte er auch vor der Partie schon „geherzt“: Mujittin Erdem Bastürk. „Mujittin war vor mehr als 15 Jahren einer meiner Jungs im Internat. Ich war zu dieser Zeit Internatsleiter und U17-Trainer. Mujittin ist in der U17 mit Patrick Herrmann zu uns gewechselt. Er war immer einer, der von der Mentalität her kam, ein sehr guter Fußballer, ein großes Talent, ein vernünftiger Junge. Dann liegt es halt an Kleinigkeiten, warum es letztlich mit der großen Karriere nicht funktioniert hat. Ich habe mich jedenfalls sehr gefreut, ihn heute wiedergesehen zu haben.“ Das letzte Auswärtsspiel in der Bundesliga hat Borussia Mönchengladbach in der Allianz-Arena in München bestritten, jetzt sind die Fohlen zurückgekehrt an die Stätte ihres allerersten Bundesliga-Auftritts – wie groß ist der Unterschied? „Ein sehr großer Kontrast“, so Roland Virkus, „allerdings muss man auch sagen: Dieses Stadion ist ein Stück Fußballhistorie, hier wurde Geschichte geschrieben, und deshalb war es für uns sehr schön, hier noch einmal spielen zu können!“ Und auch ein anderer hatte nach den 90 Minuten ein schönes Gefühl: Sebastian Kelm bekam trotz Rückenprobleme zum Abschied noch ein paar Einsatzminuten. „Und ich habe zu null gespielt“, merkte der Keeper an, nicht ohne dass ein spitzbübisches Schmunzeln seine Lippen umspielte! (-jf-)
Statistik: Borussia – Borussia Mönchengladbach 0:5 (0:2)
Borussia spielte mit Dominik Jost, Sebastian Kelm, Maximilian Strack – Marco Dahler (C), Lukas Hoffmann, Nico Purket, Christoph Stemmler, Niklas Backes, Nico Christmann, Dominik Cullmann, Sayfedine El Khadem, Lennart Niederländer, Tim Braun, Alexander Schmieden, Ralph Smith, Florian Stopp, Tim Klein und Yannis Flausse.
Für Borussia Mönchengladbach liefen auf: Tiago Pereira Cardoso – Stefan Lainer, Julian Weigl (C), Fabio Chiarodia, Jonathan Foss, Kevin Stöger, Florian Neuhaus, Franck Honorat, Alassane Plea, Charles Herrmann, Shio Fukuda, Yassir Atty, Veit Stange, Jonathan Voss, Niklas Swider, Kilian Sauck, Fritz Fleck und Yannick Michaelis.
Tore: 0:1 (12.) Chiarodia, 0:2 (20.) Chiarodia, 0:3 (73.) Stange, 0:4 (80.) Chiarodia, 0:5 (82.) Fleck. – Schiedsrichter: Justin Hasmann (Tu SWiebelskirchen). – Zuschauer: 5000.
Ein Blick in unser Fotoalbum erinnert an unvergessliche Momente aus dem Benefizspiel gegen Borussia Mönchengladbach. (Fotos: -jf-)



































