Als an Weihnachten im Lantertal das Leder rollte

Aus Borussias traditionsreicher Historie: 1907 war mit dem Karlsruher FV der erste renommierte Gegner in Neunkirchen zu Gast und siegte mit 4:1

Unser Bild: Weihnachten 1907 im Lantertal – beide Mannschaften stellen sich dem Fotografen. (Foto: Festschrift 50 Jahre Borussia Neunkirchen)

Es gab Zeiten, die wurde an und um Weihnachten herum Fußball gespielt. Einer der erfolgreichsten Tage in der Historie der Borussia war bekanntlich der 27. Dezember 1959. An diesem Sonntag, quasi dem dritten Weihnachtsfeiertag, trafen die Borussen im Kasseler Aue-Stadion im Finale des DFB-Pokals auf Schwarz-Weiß Essen. Die Mannschaft aus dem Ruhrgebiet siegte mit 5:2. Damals wurde der Pokal noch am Ende des Kalenderjahres vergeben, und da es noch keine Winterpause gab, standen nur wenige freie Wochenenden für das Endspiel zur Verfügung. Verlierer wie Sieger waren am Abend früh im Bett – mussten sie doch am darauffolgenden Tag arbeiten!

Fußball an Weihnachten – heute findet der in Europa wohl nur noch in England statt. Am 26. Dezember lockt der sogenannte „Boxing Day“ die Fans in die Stadien. Der Name des Tages ist im Brauchtum des Commonwealth of Nations zu suchen: Der 26. Dezember war traditionell der Tag nach dem Weihnachtsfest, an dem Angestellte von ihren Arbeitgebern ein Geschenk erhielten, die „Christmas box“. Auch arme Menschen wurden mit einer solchen Schachtel bedacht. Dementsprechend beschenkt der englische Fußball an diesem Tag mit einem ganzen Spieltag der Premiere league. Diese Tradition geht mehr als 160 Jahre zurück: Am 26. Dezember 1860 trugen die beiden ältesten Fußballvereine der Welt, FC Sheffield und FC Hallam, ihr erstes Derby aus. Seit 1966 wurde die Tradition des fußballerischen „boxing day“ wieder belebt.

Fußball an Weihnachten – das gab es auch in den frühen Jahren der Borussia. Nach der Vereinsgründung 1905 und durchwachsenem Erfolg in den ersten beiden Spieljahren 1907 verpflichteten die Borussen den ersten namhaften Gegner für eine Partie an Weihnachten. Von wegen „Stille Nacht – heilige Nacht!“ Kein geringerer als der zur ersten deutschen Klasse zählende Karlsruher FV schickte ein kombiniertes Team aus erster und zweiter Mannschaft ins Saarland. Unter ihnen befanden sich sieben Akteure, die ein Jahr später Deutscher Meister wurden. Das Spiel wurde – fünf Jahre, bevor die Borussia im Ellenfeld heimisch wurde – im Lantertal ausgetragen.

Die Borussen zeigten sich unbeeindruckt: Sie lieferten dem hochfavorisierten Gegner ein gutes Spiel und konnten sogar schon früh überraschenderweise in Führung gehen. Erst im Laufe der ersten Halbzeit fanden die Gäste dann zu ihrem Spiel: Von da an lief die berühmte Karlsruher Kombinationsmaschinerie wie geölt. Und so hatte der KFV am Ende mit 4:1 einen deutlichen und verdienten Sieg gegen tapfere Borussen errungen. Doch mit den 90 Minuten war noch nicht alles vorbei: Am Abend trafen sich beide Teams im Hotel Sender zu einem der damals üblichen Kommersabenden, zu dem etwa 200 Sportler und ihre Familien kamen.

Als ob die Borussen nach diesem Spiel noch nicht genug gehabt hätten: Die Borussen empfingen, wie die Chronik berichtet, am zweiten Weihnachtstag – wieder im Lantertal – Gäste aus der Pfalz: Gegen Revidia Kaiserslautern siegten die Schwarz-Weißen klar mit 3:0. Erst dann kehrte so etwas wie Weihnachtsruhe ein, jetzt war Zeit, die ersehnte traditionelle Weihnachtsgans zu verspeisen. Kalorien hatte man vorher wahrlich genug verbraucht!

Borussia spielte gegen Karlsruhe in folgender Aufstellung: Kunz – K. Goedicke, E. Menzel, Werle, E. Künzer, Schröer, A. Menzel, H. Jennewein, O. Jennewein, Gegenbach, Turk. Für den Karlsruher FV liefen auf: Hirsch – Schwarze, Hüber, Odorico, Liede, Groß, Blatter, Kohlbecher, Dell, Tscherter, Bosch. (-jf-)

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