90 Minuten und mehr mit Arnd Zeigler

1965 in einem Weidenkörbchen unter der Ostkurve des Bremers Weserstadions gefunden, dort geblieben und heute noch lebend, mittlerweile Stadionsprecher des SV Werder. Sagt er auf seiner Website über sich selbst. Jetzt hat er auch seine Sympathie für die Borussia und das Ellenfeld entdeckt. „Ich bin sehr gerührt, es war ganz toll. Ich werde jetzt den Verein und das Stadion immer mit anderen Augen sehen“, so sein Fazit nach einer – infolge langer Nachspielzeit – mehr als 90minütigen Führung durch die altehrwürdige Arena. Dabei hatte es zuvor noch ein paar Bedenken gegeben: „Du kommst von einer langen Fahrt aus Düsseldorf nach Neunkirchen, vielleicht packst du das gar nicht. Doch im Nachhinein bin ich so froh, dass ich das gemacht habe“, teilt er den Zuhörern und seinem Gesprächspartner Philipp Köster im neuesten 11-FREUNDE-Podcast mit. In der Tat: Schon beim Abschied tags zuvor im Ellenfeld waren die leuchtenden Augen von Arnd Zeigler und seinem Tourmanager Jonathan unübersehbar.

Es war „high noon“, Punkt zwölf Uhr, als der grünschwarze VW-Bus mit Hamburger Kennzeichen am Mittwoch auf den Mantes-la-Ville-Platz rollte und zunächst einmal hinter der Haupttribüne bis zum Straßenende weiterfuhr. Nach kurzer Begrüßung im VIP-Raum des Ellenfeld-Stadions konnte es für den „Allrounder“, wie man den Gast aufgrund seiner vielfältigen Tätigkeit als Journalist, Podcaster und Moderator, im Team-Speech nennen kann, losgehen. Mit dabei eine Abordnung der Stadt Neunkirchen, angeführt von Oberbürgermeister Jörg Aumann, und der Leiter des saarländischen Denkmalschutzes, Simon Matzerath. Start des Rundgangs, der von Borussias Experten Professor Dr. Jens Kelm und Wolfgang Rausch moderiert wurde, war wie üblich die Fußballerfigur im Schatten von Block 5. Anschließend führte der Weg über das Marathon-Tor über die Gegengerade zur Spieser Kurve, von dort über die Haupttribüne bis zum Ehrenplatz von Borussias Torwart-Legende Willi Ertz und hinunter in die „Eingeweide“ der alten Tribüne von 1930, die im Bauch des 1964/65 errichteten Neubaus noch zu besichtigen sind.

Ein sichtlich berührter Arnd Zeigler beim ersten Blick ins weite Rund des Ellenfeld-Stadions: „Das sind Bundesliga-Bilder meiner Kindheit!“ Mit im Bild (v.l.) Borussias Kameramann Heinz Petri, Stadionsprecher Oliver Gerber und OB Jörg Aumann. (Foto: -jf-)

Das Ehrenmal für die Borussia-Gefallenen aus zwei fürchterlichen Weltkriegen, der Gang, „durch den se alle gar gang sinn“ (Jens Kelm), das 1954 errichtete Untergeschoss der Sporthalle mit dem legendären Stanger-Bad (Jen Kelm: „So etwas Hochprofessionelles hatte zu dieser Zeit kein Verein in Deutschland!“) und die musealen Räume, in denen neben vielen Fotos und Wimpeln aus der Historie in zwei Glasvitrinen die Nachlässe von Willi Ertz und Edelfan Leo Düppré (inklusive Originaltrommel) zu besichtigen sind, waren weitere Stationen, an denen Arnd Zeigler viel Wissenswertes über die „(mehr oder weniger) wunderbare Welt der Borussia und des Ellenfelds“ erfuhr und spürte: Dieses Stadion und dieser Verein, Ellenfeld und Borussia, gehören untrennbar zusammen – wenn es der Borussia gut geht, geht es auch dem Ellenfeld gut und umgekehrt!

Zum Schluss durfte der sichtlich begeisterte Gast noch einige Buchgeschenke in Empfang nehmen, dazu ein „grün-weißes Extra-Bonbon“ in Form eines Spielankündigungsplakats aus dem Jahr 1965, in dem am 30. Oktober sein Herzensverein Werder Bremen als amtierender Deutscher Meister die Borussia mit 2:1 schlug. Eine personelle Brücke zwischen beiden Clubs, die im Mai 1968 im Weserstadion letztmals aufeinandertrafen, schlug Stürmer Werner Görts, der 1965 von Bayer Leverkusen ins Ellenfeld gekommen war und nach dem ersten Abstieg der Borussia aus der Bundesliga zu SV Werder nach Bremen wechselte. Auch noch in Erinnerung: Die ziemlich brutale Höttges-Grätsche gegen Elmar May beim 1:1 der Bremer im Ellenfeld im März 1965, die tumultartige Szenen im Publikum und auf dem Platz, verbunden mit verstärktem Polizeieinsatz, zur Folge hatte!

Nicht mit leeren Händen nach Hause ging Arnd Zeigler (li.), hier bei der Übergabe eines Ellenfeld-Posters und beim Gruppenfoto im VIP-Raum des Stadions mit Heinz Petri, der die Führung mit der Kamera begleitete (Video folgt!), Professor Dr. Jens Kelm, Wolfgang Rausch und Tourmanager Jonathan. (Foto: -jf-)

Die Begegnung mit der Borussia und dem Ellenfeld-Stadion blieb bei Arnd Zeigler nicht ohne Wirkung. Der Beweis: Sie war einen Tag später Thema im 11-FREUNDE-Podcast mit Chefredakteur Philipp Köster und dem Stadionsprecher des SV Werder, wo Arnd Zeigler (ab Minute 22) geradezu ins Schwärmen gerät: „Ein wunderschönes Stadion, vielleicht jetzt, wo der alte Tivoli in Aachen abgerissen ist und es die Hafenstraße in Essen nicht mehr gibt, das wunderschönste aller Stadien. Das Ellenfeld steht noch und hat jetzt auch Denkmalschutz bekommen“, so der Erfinder der wöchentlichen WDR-Kultserie „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“, um zum Abschluss seiner mehrere Minuten dauernden Ausführungen gar von „einem wunderbaren historischen Freiluftmuseum früherer Fußballkultur“ und vom „feuchten Traum jedes Groundhoppers“ zu sprechen. Es war aber nicht nur das Stadion, das Arnd Zeiglers Fußballseele berührt hat: „Ich habe im Ellenfeld ganz tolle liebevolle Menschen getroffen, die das Ganze mit viel Herzblut pflegen.“ Und deshalb die Bitte an die Borussia: „Pflegt diese Tradition unbedingt weiter!“ Sein Wunsch angesichts der derzeitigen schwierigen Situation: „Möglicherweise schafft es die Borussia ja wieder in höhere sportliche Gefilde!“ Arnd Zeiglers Worte in Gottes Ohr …

Stadionsprecher unter sich: Arnd Zeigler mit Borussias „Stimme des Ellenfelds“, Oliver Gerber in der Sprecherkabine des Ellenfelds hoch unter dem Tribünendach. (Foto: -jf-)

Die Borussia spielte dann auch eine Rolle gleich zu Beginn seines Bühnenprogramms am Mittwoch-Abend in der ausverkauften Gebläsehalle. Noch bis kurz vor Beginn der Show hatte Arnd Zeigler noch an einem Video zur Borussen-Geschichte gebastelt, wie sein Tourmanager Jonathan, berichtete. So waren die Anfangsminuten eines wie immer bunten Fußballkaleidoskops dem Traditionsverein aus dem Ellenfeld gewidmet. Anschließend wurden mit viel Spaß und Herz Spiel- und Tonschnipsel von Profis und Trainern präsentiert, die hinsichtlich kerniger Typen, gewagter Wortakrobatik, kultiger Phrasen oder schräger Formulierungen keinen Wunsch offenließen. Die Rubrik „Kacktor des Monats“ durfte da nicht fehlen, wobei Arnd Zeigler und sein Team das eine oder andere aufgrund von problematischen Bildrechten von Arnd Zeigler und seinem Team im eigenen Garten nachstellten. Ihr Fett weg bekamen auch die mittlerweile selbst im Amateurlager üblichen Live-Streams, deren Technik darauf abzielt, stets den Ball im Bildmittelpunkt zu haben. „Das funktioniert auch, aber nur solange, wie der Linienrichter nicht eine Vollglatze hat“, konnte Arnd Zeigler nicht nur feststellen, sondern sogar bildlich nachweisen. Immer dabei: Eine große Portion Humor, ironisches Augenzwinkern und viel Gefühl für die schönste Nebensache der Welt!

Mit einer guten Portion Nachdenklichkeit endete das fast dreistündige Programm. Schon vor 25 Jahren hatte anlässlich des 100jährigen Jubiläums der damalige DFB-Chef Egidius Braun angesichts der zunehmenden Kommerzialisierung gewarnt, man müsse aufpassen, wie sich der Fußball entwickele, wem er gehöre und wer ihn sich anschauen dürfe. Unter dem Eindruck, „dass er Fußball uns immer weiter entrückt“, glaubt Arnd Zeigler, darüber hinaus „dass wir, je älter wir werden, umso mehr das Gefühl haben, alles schon einmal gesehen zu haben. Was erschwerend dazu kommt: Fußball ist immer weniger spannend. Als ich Fußballfan geworden bin, gab es in den ersten fünf Jahren fünf verschiedene deutsche Meister. Man wusste nicht, wie es ausging. Es gab Überraschungsmannschaften, die konnten Meister werden. Borussia Neunkirchen konnte in der Bundesliga spielen. Es gab eine ganz andere Fußball-Landschaft. Als Kinder sehen wir mit offenem Mund den ersten Fallrückzieher und denken: Krass! Aber irgendwann bist du 150mal von deinem Verein enttäuscht worden, hast 200 Spiele gesehen, die langweilig waren, obwohl du dich vorher so darauf gefreut hast, und dann wird das alles immer schwieriger“, so die Analyse, aus der Arnd Zeigler eine wichtige Schlussfolgerung zieht: „Es ist ganz wichtig, dass wir, auch wenn wir älter sind, uns trotzdem hineinzuversetzen versuchen, wie sich Fußball für uns angefühlt hat, als wir Kinder waren.“ Ein auch in Arnd Zeigler wieder gewecktes Gefühl, das sich in seinen Worten beim Betreten des Ellenfeld-Stadions widerspiegelt: „Das sind Bundesliga-Bilder meiner Kindheit!“

Dass in der Tat „für viele Kinder Fußball der Mittelpunkt der Welt ist“, bewies abschließend eine berührende Bildsequenz, die nicht nur die kindliche Begeisterung für das runde Leder und seine Protagonisten, sondern auch die Faszination und weltweit verbindende Kraft des Fußballs dokumentierte. Danke, Arnd Zeigler, für einen beeindruckenden Besuch mit einem ebenso beeindruckenden Finale! (-jf-)

Unsere Aufnahmen zeigen weitere Eindrücke vom Gang durchs Ellenfeld und der Bühnenshow mit Arnd Zeigler. (Fotos: -jf-)

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