
Borussia gewinnt beim Aufstiegsaspiranten Nummer 1 mit 3:0 und vertagt damit die Titelfrage / Doppelpacker Sayfedine El Khadem und Ralph Smith die Torschützen / Geschlossene Mannschaftsleistung und starke Defensivabteilung lässt die stärkste Offensivabteilung der Liga nicht ins Rollen kommen
„Die Leute gehen ins Stadion, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht.“ Eine Binsenweisheit des Fußballs, von Sepp Herberger auf den Punkt gebracht. Der frühere Bundestrainer hatte dabei natürlich zu allererst die Situation im Blick, als er mit dem 3:2-Finalsieg gegen die hoch favorisierte ungarische Wundermannschaft 1954 zum ersten WM-Titel führte. Aber auch ein paar Etagen tiefer und Jahrzehnte später hat diese Erkenntnis nichts an Gültigkeit eingebüßt. Denn angesichts der letzten Ergebnisse in den Saarlandliga-Spielen zwischen Wiesbach und der Borussia erwarteten die Experten sicherlich einen Sieg der Hertha, die mit einem Dreier einen Riesenschritt Richtung Meisterschaft und Aufstieg machen konnte. Doch es kam anders. Mit 3:0 entzauberten die Borussen den Titelfavoriten auf dessen eigenem Platz und konnten damit das Resultat aus dem Hinspiel im Ellenfeld umkehren. Wer den Mut hatte, in einem Wettbüro auf ein solches Ergebnis zu setzen, darf jetzt sicherlich einen satten Gewinn einstreichen. Ein Doppelschlag von Sayfedine El Khadem sowie der „Nachschlag“ nach 94 Minuten durch Ralph Smith sorgten am Freitagabend für Überraschung und Feierstimmung der Männer ganz in Weiß (Foto oben / Fußball-News-Saarland/-jsb-) im sonnenüberfluteten Pro-Win-Stadion.
„Ein nicht unverdienter Sieg“, befand Jörg Backes. Der Borussen-Coach bescheinigte seinen Schützlingen eine „geschlossene Mannschaftsleistung, mit der wir auch auf taktische Umstellung der Wiesbacher die richtige Lösung gefunden und gut dagegen gehalten haben.“ Jörg Backes hob die „herausragende Mentalität der Jungs“ hervor, „die nach dem unglücklichen last-minute-Ausgleich am letzten Sonntag gegen Reisbach eine `Jetzt-erst-recht´-Stimmung entwickelt haben und damit ein dickes Ausrufezeichen setzen konnten, zumal sich auch diesmal wieder einige angeschlagene Spieler der Verantwortung gestellt haben.“ Da konnte Kollege Jan Berger, der Vorfeld die Marschrze ausgegeben hatte, „den hohen Favoriten zu ärgern“, nur zustimmen. Dass er gar von einer „Bombenleistung“ sprach, hatte zu allererst seinen Grund darin, „dass wir die beste Offensivabteilung der Liga über weite Strecken dominiert und nur wenig zugelassen haben. Defensivtaktisch gesehen war das für mich die stärkste Leistung, die ich in dieser Saison gesehen habe.“ In der Tat: Wiesbachs Tormaschine, die bis zu diesem Zeitpunkt lediglich in zwei Spielen leer ausgegangen war und in den zwei Spielen zuvor gegen Mettlach und Elversberg gleich zwölf Treffer produziert hatte, stotterte dank Borussias konzentrierter Abwehrarbeit erheblich. Noch ausbaufähig, so Jan Berger, sei dagegen die Offensive: „Einige Kontergelegenheiten haben wir entweder nicht sauber zu Ende gespielt oder Julian Holz unseren Meister gefunden.“ Der Borussen-Trainer dachte dabei vor allem an die beiden Chancen für Niklas Backes, der kurz vor bzw. nach dem Seitenwechsel am reaktionsschnellen Torhüter der Gastgeber gescheitert war.
Hertha Wiesbach war zu Beginn besser ins Spiel gekommen, beherrschte die Anfangsphase, in der Mujittin Bastürk schon früh „Gelb“ sah (5.) und nach einer Viertelstunde gar eine Zeitstrafe kassierte. Jan Berger wechselte seine Nummer 33 vorsichtshalber gegen Tim Braun aus. In dieser Phase hätten die Gastgeber durchaus in Führung gehen können, doch Mika Speicher vergab eine Vorlage von Pascal Piontek knapp (8.), ehe Dominik Jost gegen Max Poller (20.) und bei einem Distanzschuss von Lucas Bidot (25.) auf dem Posten war. Auf Borussen-Seite war Lukas Hoffmann mutig genug, bei einem Freistoß aus 25 Metern direkt draufzuhalten, doch der Ball ging lediglich ans Außennetz (12.). Wieder vollzählig kamen die Borussen dann im Laufe der ersten Halbzeit besser ins Spiel und verbuchten die letzten 15 Minuten vor dem Pausenpfiff für sich. Hier verpasste Niklas Backes eine Flanke von Sayfedine El Kahdem nur hauchdünn (30.), während sich Moritz Ruffing in einen Schuss von Nico Christmann warf (44.), so dass Torhüter Holz, der zuvor gegen Niklas Backes den Rückstand verhindert hatte (40.), umsonst sprang. Das torlose Resultat zur Pause spiegelte die Verhältnisse ganz gut wider.

Sayfedine El Khadem (oben) und eine starke Defensive um Torhüter Dominik Jost (unten) – die Garanten für den überraschenden Borussen-Sieg bei Hertha Wiesbach. (Fotos: Fußball-News-Saarland/Jan Sebastian Bach – herzlichen Dank!)

Den ersten Akzent nach Wiederanpfiff setzte Borussia, erneut erwies sich Julian Holz im Duell mit Niklas Backes als Sieger (49.). Nachdem Felix Rehm für Wiesbach nur die Latte anvisiert (50.) und Torjäger Sören Maas das Ziel nur knapp verfehlt hatte (51.), schlugen die Borussen gleich zweimal binnen zwei Minuten eiskalt zu: Sayfedine El Khadem nutzte zunächst auf der linken Seite eine Vorlage von Lennart Niederländer zum 1:0 (56.), blieb auch wenig später schön freigespielt cool und netzte zum 2:0 ein (58.). Die Bemühungen der Gastgeber, noch einmal heranzukommen, verpufften an einer sehr stabil stehenden Borussen-Abwehr, die zudem mit Dominik Jost einen sicheren Schlussmann hinter sich wusste. Auch in der Schlussoffensive gelang Wiesbach kein Treffer, denn Patrick Ackermann wurde zweimal beim Abschluss geblockt (81. / 88.), auch Luca Blaß und Sören Maas (per Kopf) trafen nicht ins Schwarze (86.). Auf der Gegenseite parierte Julian Holz reaktionsschnell gegen Yannis Flausse (90.), ehe sich Ralph Smith in der Nachspielzeit für eine wieder sehr kampfstarke Partie mit seinem ersten Liga-Saisontor belohnte: Borussias Nummer 17 verwertete nach Freistoß von Tim Cullmann Marco Dahlers Flanke am kurzen Pfosten zum 3:0-Endstand.
Die Enttäuschung auf Seiten der Gastgeber dokumentierte die Aussage eines Zuschauers mehr als deutlich, der sich fragte, wie man denn als Tabellenführer gegen Neunkirchen verlieren könne. Jörg Backes empfand diese Aussage „doch etwas respektlos, weniger gegen uns als vielmehr gegen die eigene Mannschaft, die ja trotzdem Titelgewinn und Aufstieg nach wie vor in der eigenen Hand hat. Auch ein FC Bayern in der Bundesliga gewinnt nicht jedes Spiel.“ Schwer tat sich auch manch ein Internet-User auf der facebook-Seite der Borussia, wenn es darum ging, den 3:0-Sieg in Wiesbach einzuordnen. So fragte sich Axel Schlicker in seinem Kommentar: „Borussia gewinnt beim Favoriten in Wiesbach und verliert zuhause im Pokalhalbfinale gegen Limbach. Das soll noch einer verstehen?“ Doch vielleicht muss man das gar nicht verstehen. Fußball ist nicht immer bis ins Letzte erklärbar – das macht die Sache ja gerade so reizvoll. Denn schließlich „gehen die Leute ins Stadion, weil sie nicht wissen, wie es ausgeht.“ Das war schon Sepp Herberger bewusst! (-jf-)
Statistik: FC Hertha Wiesbach – Borussia 0:3 (0:0)
Borussia: Dominik Jost – Mujittin Erdem Bastürk (ab 27. Tim Braun), Tim Cullmann, Marco Dahler (C), Lukas Hoffmann, Nico Purket, Christoph Stemmler, Niklas Backes (ab 82. Yannis Flausse), Nico Christmann, Sayfedine El Khadem (ab 66. Ralph Smith), Lennart Niederländer. – Bank: Maximilian Strack, Dominik Cullmann. – Trainer: Jan Berger, Jörg Backes.
Tore: 0:1 (56.) Sayfedine El Khadem, 0:2 (58.) Sayfedine El Khadem, 0:3 (90.+4) Ralph Smith. – Schiedsrichterin: Alessia Jochum (1. FC Riegelsberg). – Zuschauer: 300. – Gelbe Karten Borussia: Mujittin Erdem Bastürk (5.), Christoph Stemmler (28.), Tim Cullman (33.). – Zeitstrafe Borussia: Mujittin Erdem Bastprk (16.). – Rote Karte: Rainer Hoffmann (77.).
Unsere Bilder zeigen ein paar Eindrücke vom Auftritt der Borussia bei Hertha Wiesbach. (Fotos: Fußball-News-Saarland / Jan Sebastian Bach – vielen herzlichen Dank!)












