„Sie kommen aus Neunkirchen – was macht denn die Borussia?“

Oberbürgermeister Aumann nimmt im Gespräch Stellung zum Denkmal-Status des Ellenfelds, zur Bedeutung des Stadions und der Borussia für die Stadt und für die geplanten Maßnahmen in der Zukunft

Unser Bild: 100 Jahre Ellenfeld – Oberbürgermeister Jörg Aumann überreicht WDR-Moderator Arnd Zeiger anlässlich des Besuches in Neunkirchen das von Professor Dr. Jens Kelm und Dr. Tobias Fuchs erstellte Jubiläumsbuch.

Er ist Hausherr im Ellenfeld-Stadion. Als Eigentümer der jetzt unter Denkmalschutz gestellten Sportstätte ist ihm die daraus erwachsende Verantwortung sehr wohl bewusst. „Wir wollen versuchen, gemeinsam mit dem Denkmalschutzamt Lösungen zu finden, um das Ellenfeld-Stadion in seiner Authentizität zu erhalten“, sagt Jörg Aumann. Neunkirchens Oberbürgermeister hält es aber auch für sehr wichtig, „dass sich die Borussia in diesem Stadion wohlfühlt und ihre Vereinsarbeit gut machen kann. Denn erst der Spielbetrieb macht das Stadion erlebbar.“ Im Gespräch nimmt Jörg Aumann (JA) ausführlich Stellung zum Denkmalschutz-Status der Sportstätte, die an diesem Ort seit 1912 Heimat der Borussia ist.

Herr Aumann, was bedeutet der Status als Denkmal für das Ellenfeld und die Stadt Neunkirchen?

JA: Wir sind durchaus stolz darauf, denn schließlich wird lange nicht jedes Stadion zum Denkmal erklärt. Uns ist allerdings auch bewusst, dass die Auszeichnung als Denkmal ein Gebäude trotzdem nicht davor schützt, irgendwann zu verfallen, wenn es nicht Menschen, Institutionen oder Körperschaften gibt, die sich ihrer Verantwortung stellen und den echten Willen haben, ein Denkmal auch zu schützen. Es gibt in Deutschland zahlreiche Denkmäler, die nicht so behandelt werden wie sie es eigentlich verdient hätten. Deshalb wollen wir versuchen, im Ellenfeld gemeinsam mit dem Denkmalschutzamt Lösungen zu finden, um das Stadion in seinem Ensemble authentisch zu erhalten. Wir haben uns ja bisher mit dem Denkmalschutzamt immer gut abgestimmt und sind zu Ergebnissen gekommen, mit denen wir sehr zufrieden sind. Ich erinnere hier an die Bach-Schule, die Stummsche Kapelle, die Gebläsehalle, das gesamte alte Hüttenareal oder die Reithalle. Der Denkmalstatus des Ellenfeld-Stadions ermöglicht uns jetzt sicherlich auch, an Mittel heranzukommen, die ansonsten nur schwer erreichbar gewesen wären, wenn es darum geht, den Denkmalschutz auch in Zukunft aufrecht zu erhalten!

Welche Bedeutung messen Sie dem Stadion, aber auch der Borussia für die Stadt zu?

JA: Das Stadion hat für unsere Stadt eine große Bedeutung. Es ist ein ganz besonderer und wichtiger Ort – nicht nur für Fußballromantiker, sondern auch für geschichtsbewusste Menschen. Zu denen zähle ich mich, der ich seit Kindesbeinen großer Fußballfan bin, ja auch. Vor drei Wochen konnte ich Arnd Zeigler bei der Führung durch das Ellenfeld begleiten. An seinen leuchtenden Augen konnte man unschwer ablesen, wie sehr ihn dieses Stadion aus der Bundesligagründerzeit berührt und fasziniert hat! Die Bedeutung des Vereins Borussia kann ich persönlich an folgendem festmachen: Als Oberbürgermeister bin ich bundesweit unterwegs, zum Beispiel beim deutschen Städtetag oder in anderen Gremien. Da treffe ich zahlreiche, vor allem ältere Kollegen Anfang 60, die mich ansprechen: Sie sind aus Neunkirchen, was macht denn die Borussia? Es ist in der Tat so, dass der Name der Stadt durch die Borussia auch bundesweit bekannt wurde. Und das ist bis heute so, zumal der Manager des Hamburger SV, der frühere Nationalspieler, Europameister und Ehrenbürger der Stadt Neunkirchen Stefan Kuntz unmittelbar mit Borussia und ihrer Bundesliga-Geschichte verknüpft ist: Sein Vater Günther war Bundesligaspieler der Borussia, deshalb ist die Familie Kuntz überhaupt hierhin gekommen und eine Neunkircher Familie geworden!

Ihren Worten ist zu entnehmen, dass Sie stets die enge Verbindung zwischen dem Ellenfeld-Stadion und der Borussia im Auge haben.

JA: Das Ellenfeld ist – keine Frage! – wichtig für Neunkirchen. Aber es lebt und kann nur leben durch einen Fußballverein, der es bespielt. Das Ellenfeld-Stadion soll kein reines Freilichtmuseum sein. Insofern ist es uns als Eigentümer des Stadions wichtig, dass die Borussia sich hier wohlfühlt und ihre Vereinsarbeit gut machen kann. Der Verein ist nach einigen Jahren der Unsicherheit in dem Bewusstsein, dass die glorreichen Bundesligazeiten vorbei sind und auch nicht wiederkommen werden, jetzt unter dem aktuellen Vorstand dabei, sich zu finden und ordentlich aufzustellen. Es wird wieder eine Jugendarbeit betrieben, die einen stolz macht und uns als Stadt die Möglichkeit gibt, den Verein mit gutem Gewissen zu fördern – nicht aus Gründen der Nostalgie, sondern mit dem Blick auf die wichtige Funktion, die ein solcher Verein in einer Stadt wie Neunkirchen erfüllt. Deshalb war es für uns auch von entscheidender Bedeutung, dass der Verein durch die Erteilung des Denkmalschutz-Status in der Nutzung des Stadions nicht behindert wird. Diese Bedenken konnten zerstreut werden.

Klares Statement des Oberbürgermeisters: „Ein Abriss der Spieser Kurve war nie das Ziel!“ Mit der Erneuerung des Gutachtens von 2017 soll jetzt die Standfestigkeit des Ellenfelds erneut dokumentiert werden. (Foto: -jf-)

Der Denkmalschutz umfasst – mit Ausnahme des Kopfbaus – das komplette Ensemble des Stadions, also auch die derzeit gesperrte Spieser Kurve.

JA: An dieser Stelle möchte ich einmal mit Behauptungen aufräumen, die jahrelang vor allem in den sozialen Medien immer wieder zu finden sind. Da hieß es, wir hätten geplant, die Spieser Kurve abzureißen. Ich kann das mit Fug und Recht ehrlich sagen: In den 15 Jahren, in denen ich jetzt in Neunkirchen bin, war das nie ein Thema! Es wurde allenfalls vielleicht mal die Frage in den Raum gestellt: Was wäre, wenn das Ding jetzt zusammenfällt und wir es abreißen müssten? Aber das war nie das Ziel! Wir haben auch regelmäßig – zuletzt 2017 – das Stadion auf Standsicherheit überprüfen lassen. Die Benutzbarkeit der Spieser Kurve ist nicht mehr gegeben. Sie ist im Übrigen aufgrund des Zuschaueraufkommens derzeit nicht nötig. Aber dass dieses Stadion in seiner gesamten Kurvatur, in seinem kompletten Ensemble stehenbleibt, wurde seitens der Stadt niemals in Frage gestellt.

Gab es denn irgendwann auch interessierte Investoren?

JA: Ja, es waren mehrere Investoren da, die am Erwerb des Ellenfeld-Stadions teilweise mit, teilweise ohne den Verein durchaus Interesse hatten. Aber wir haben all diesen Investoren immer gesagt: `Ihr müsst beachten, welch wichtiger Ort das Ellenfeld für das Selbstverständnis der Stadt und des Vereins ist. Wenn ihr also hier etwas machen wollt, so kann das immer nur im Einvernehmen und im Benehmen mit Stadt und Borussia funktionieren.´ Es kam dann nie zu konkreten Plänen, sondern alles blieb im Entwicklungsstadium hängen.

Welche Maßnahmen sind denn in der nächsten Zeit für das Ellenfeld geplant?

JA: Nach erfolgter Rasenerneuerung, der Installation einer neuen Heizungsanlage sowie diversen Renovierungen der Jugendräume und Toilettenanlagen unter der Haupttribüne steht im Sinne eines vernünftigen Spielbetriebs die energetische und bauliche Sanierung des Kopfgebäudes (inkl. Barrierefreiheit) im Vordergrund. Ein früher einmal in Erwägung gezogener Abriss mit komplettem Neubau ist mittlerweile vom Tisch – der wäre nur möglich gewesen mit Geldern aus den großen Fördertöpfen des Bundes. Darüber hinaus werden wir im Rahmen einer Bestandsaufnahme das acht Jahre alte Gutachten zur Standfestigkeit erneuern lasse. Die dafür benötigten 10.000 Euro werden aus dem städtischen Haushalt aufgebracht werden und nicht aus den Bedarfszuweisungen entnommen, die für Investitionen ins Stadion da sind. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass die städtischen Mittel gerade in Zeiten der kommunalen Finanzkrise natürlich auch begrenzt sind. Wir stehen unter vielfältigem Druck, müssen Kindergärten und Schulen bauen und die öffentliche Infrastruktur erhalten. Deshalb muss mit den zur Verfügung stehenden Geldern verantwortungsbewusst umgegangen werden. Nichtsdestotrotz nehmen wir die Verantwortung für das Ellenfeld als Eigentümer natürlich sehr ernst.

Herr Aumann, herzlichen Dank für das Gespräch und die ausführliche Stellungnahme zum Denkmalstatus des Ellenfeld-Stadions! (-jf-)

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