
„Tempora mutatur, et nos mutamur in illis – die Zeiten wandeln sich, und wir wandeln uns mit ihnen.“ Das wusste vor 2000 Jahren schon der römische Dichter Ovid in seinen Verwandlungsgeschichten (Metamorphosen). Und das erfuhr am eigenen Leib in den vergangenen Wochen auch Dominik Jost. Der 28jährige Allrounder, der 2021 von der Spielvereinigung Einöd-Ingweiler ins Ellenfeld gekommen war, hat seitdem 60 Spiele im Borussen-Trikot bestritten und dabei nicht nur als Torwart überzeugt, sondern auch als „Last-minute-man“ mit spektakulären Toren seine Mannschaftskameraden und die Borussen-Fans zu ekstatischem Jubel gebracht. Darüber hinaus konnte er die Prognose von Björn Klos voll bestätigen: „Dominik wird mit seinen Qualitäten der Mannschaft sportlich und menschlich guttun“, hatte der damalige Borussen-Trainer bei der Vorstellung des Keepers gesagt. Doch alles hat seine Zeit, das Leben hat sich für Dominik Jost (DJ) verändert, seine Zeit im Ellenfeld ist still und leise abgelaufen. Im Interview spricht er ganz offen über die Hintergründe, warum er der Borussia zum Abschied leise „Servus“ sagt, über die schönsten Momente in Neunkirchen und über seinen nächsten Lebensabschnitt.
Dominik, nach vier Jahren ist für Dich leider im Ellenfeld Schluss. Was waren die Beweggründe?
DJ: Die vergangene Spielzeit war sicher meine erfolgreichste bei Borussia. In der Rückrunde konnte ich die Trainer überzeugen, war als Torwart gesetzt und habe mich als wichtiger Teil der Mannschat empfunden. In dieser Rolle habe ich mich auch sehr wohl gefühlt. Gleichzeitig war diese Zeit vom Kopf her für mich aber auch die schwierigste. Ich habe begonnen, in Vollzeit zu arbeiten, gleichzeitig mein Studium fortgeführt, an jedem Training im Ellenfeld teilgenommen. Denn ich wusste ja: Du musst Leistung bringen und abliefern. Das war nicht nur mental sehr anstrengend, sondern war auch ursächlich dafür, dass ich private Dinge, wie zum Beispiel meine Freundin und die Familie, arg vernachlässigt habe. Ich hatte das Gefühl: Mein Leben besteht nur noch aus Arbeiten und Fußball. Den Fußball habe ich nicht mehr als das empfunden, was er einmal für mich war: Hobby! Klar, Training und Spiele haben mir viel gegeben und Spaß gemacht, aber mental viel Kraft gekostet.
Wann ist denn der Entschluss in Dir gereift, die Reißleine zu ziehen?
DJ: Im Sommer-Urlaub hatte ich Zeit, nachhaltig und unbeeinflusst über meine Situation nachzudenken. Bei dem Gedanken, meinen Vertrag noch einmal ein Jahr zu verlängern, was mir das Trainerteam vor Beginn der Sommerpause angeboten hatte, habe ich mich nicht mehr so wohl gefühlt wie die Jahre zuvor. Deshalb habe ich um Bedenkzeit gebeten und dann meinen Entschluss nach dem Urlaub den Verantwortlichen der Borussia mitgeteilt, die meine Gründe ebenso nachvollziehen konnten wie meine Mannschaftskameraden. Nachdem ich meine Entscheidung getroffen habe, fühle ich mich wohler, es geht mit gut damit. Im Austausch mit unserem Kapitän Marco Dahler ist mir bewusst geworden, dass die schönen Momente vieles von dem verschleiern, was drumherum eigentlich auch wichtig ist.


Highlights seiner Zeit im Ellenfeld: Die „Last-minute-Tore“ gegen Bliesmengen-Bolchen (oben) und Jägersburg (unten) – danach gab´s kein Halten mehr! (Fotos: -jf-)


Schöne Momente hast Du ja im Ellenfeld durchaus erlebt. Was bleibt davon hängen?
DJ: Diese vier Jahre bei Borussia waren einfach der pure Wahnsinn! Ich hatte ja eigentlich mit dem Fußball schon längst abgeschlossen und mich auf den Radsport (Downhill-Fahren) konzentriert. Nie hätte ich gedacht, dass ich sowas im Fußball nochmal erleben würde. Und das auch noch in verschiedenen Rollen: Als Torwart und Feldspieler!
Unvergessen Deine beiden Tore gegen Bliesmengen-Bolchen unmittelbar nach Deiner Einwechslung …
DJ: Ja, ein absolutes Highlight. Wir hatten vor dem Spiel viele Verletzte. Ich war ja noch nicht so lange da und habe Björn Klos mitgeteilt, dass ich auch im Feld spielen könne. Dass ich dann, nur wenige Minuten im Spiel, zum 3:2 und 4:2 gleich zweimal treffe – einfach unglaublich. Aber auch das Last-minute-Tor in der Saison 2023/24 zum 2:2 gegen Jägersburg hat bei mir einen besonderen Platz. Wir waren personell ja arg gebeutelt, es stand quasi nur noch eine Rumpftruppe auf dem Platz, und dann das – das Unentschieden gegen einen Titelfavoriten hat sich wie ein Sieg angefühlt! Aber auch über das Sportliche hinaus bleiben aus der Zeit bei Borussia Freundschaften mit meinen Mannschaftskollegen, vor allem mit Marco Dahler, Nico Purket und Christoph Stemmler. Wir telefonieren regelmäßig miteinander.

Vielseitiger Dominik Jost: 2015 Saarlandmeister im Downhill-Fahren, ab 2021 reaktionsschneller Torwart und Stürmer bei der Borussia im Ellenfeld, darüber hinaus Hobby-Schreiner und Musiker. (Fotos: privat/-jf-)
Wie sieht Deine sportliche und private Zukunft jetzt aus?
DJ: Neben Fußball habe ich ja auch gerne Tennis gespielt. Dafür habe ich jetzt mehr Zeit und richtig Bock drauf und will nochmal richtig angreifen. Ebenfalls mehr Raum bleibt mir für meine Hobby-Schreinerei. Auch Fotografieren und Musikmachen hat mir immer Spaß gemacht, das werde ich wieder aufnehmen. Ich weiß gar nicht, wie lange ich nicht mehr Gitarre oder Klavier gespielt habe, da freue ich mich drauf! Nicht zu vergessen: Mein Master-Studium werde ich demnächst zu Ende bringen, am vergangenen Freitag habe ich die letzte Klausur geschrieben.
Was möchtest Du der Borussia-Familie zum Abschied sagen?
DJ: Es hat mir sehr viel bedeutet, das Trikot der Borussia tragen, in diesem tollen Stadion spielen und ein kleiner Teil der großen Geschichte dieses traditionsreichen Vereins sein zu dürfen, auch wenn sich heute alles „nur“ in der Saarlandliga abspielt. Die Borussia ist einfach ein besonderer Verein, der es aber auch schwieriger hat als manche andere, weil man hier gegen Stromschnellen kämpfen muss, die es woanders so nicht gibt. Ich werde die Borussia natürlich weiter verfolgen und immer, wenn es mir möglich ist, wieder ins Ellenfeld kommen. Meinen Mannschaftskameraden, den engagierten Kräften bei Borussia und den Fans wünsche ich endlich den Erfolg, den sie verdient haben.
Vielen Dank, Dominik, für das offene Gespräche – die Borussia dankt Dir ganz herzlich für Dein Engagement und wünscht Dir alles erdenklich Gute für den neuen Lebensabschnitt. Du sollst wissen, dass Du im Ellenfeld immer willkommen bist! (-jf-)