Last-minute ist am schönsten!

Borussia gewinnt Partie beim Aufsteiger in Reisbach in der Nachspielzeit mit 3:2 / Torschützen: Marco Dahler per Foulelfmeter, Sayfedine El Khadem und Tim Klein / Christian Schübelin: „Haben es unnötig spannend gemacht!“

Unser Bild: Der Ball im Netz, Tim Klein jubelt – Borussias Nummer 9 hat gerade den last-minute-Siegtreffer in Reisbach erzielt, Ideengeber Dominik Cullmann (li.) freut sich mit und kommt zum Gratulieren. (Foto: -jf-)

Das war nix für schwache Nerven! Die mehr als 400 Zuschauern im Reisbacher Sportpark Lohwiese haben sich schon auf ein schiedlich-friedliches 2:2 eingestellt, als die Borussia in Gestalt von Tim Klein doch noch zuschlägt: Nach einem Genie-Streichs von Dominik Cullmann, der mit einem öffnenden Pass das Spiel von ganz links auf Christoph Stemmler nach ganz rechts verlagert, lupft der Mittelstürmer, als Joker gerade mal 12 Minuten auf dem Platz, reaktionsschnell das flach hereingegebene Leder vor „Maskenmann“ Jannik Meßner und Torhüter Jonas Lucchi ins Netz und versetzt damit den Anhang der Borussen in den Ausnahmezustand. 3:2 – das letztlich gute Ende in einer Partie, die die Schützlinge von Christian Schübelin in Halbzeit eins klar dominierten, nach der 2:1-Führung die Signale auf Sieg gestellt zu haben, aber die Partie dann doch noch aus der Hand zu geben schienen, weil die Gastgeber nach dem 2:2 dank Borussias Nachlässigkeit die zweite Luft bekamen und dem Siegtreffer ebenfalls zuweilen nahe waren. „Wir haben aus den ersten beiden Spielen gegen zwei Aufsteiger – zu Rundenbeginn immer undankbare Aufgaben – sechs Punkte geholt. Damit bin ich zufrieden, nicht aber insgesamt mit dem heutigen Auftritt“, bilanzierte der Borussen-Trainer, der Empathie genug besaß, um mit den kampfstarken und am Ende enttäuschten Gastgebern mitzufühlen: „Für Reisbach ist das extrem bitter. Der Sieg für uns zweifellos glücklich, ob verdient, möchte ich mal dahingestellt sein lassen.“

Christian Schübelins leidenschaftlicher Appell: „Die Führungsspieler sind in schwierigen Spielphasen besonders gefordert!“ (Foto: -jf-)

„Wo waren meine Führungsspieler, wo?“ Mit einem großen fragenden Blick in die Runde eröffnete Christian Schübelin die kurze Besprechung im Mannschaftskreis nach den zum Schluss sehr spannenden 93 Minuten. „Wir haben das Spiel eigentlich in der Hand, doch machen dann einen Gegner, der nach dem 2:1 mental wie auch physisch am Boden war, wieder stark und bauen ihn auf. Da sind unsere Führungsspieler in der Verantwortung“, fand der Coach, der nach Reisbachs Ausgleich „zu viele Ballverluste in der Vorwärtsbewegung“ beobachten musste, „durch die wir uns selbst in Verlegenheit gebracht haben. Das war teilweise vogelwild. Daran müssen wir arbeiten und stabiler werden.“ Für die Zuschauer war es dagegen sehr unterhaltsam, wie die Partie in der Schlussphase hin- und herwogte und beide Teams den „lucky punch“ wollten. Dabei hatten die ganz in Rot gekleideten Gastgeber streng genommen sogar die besseren Gelegenheiten, doch Maximilian Strack erwies sich als verlässliche Stütze: Borussias Keeper parierte zunächst stark gegen den eingewechselte Emre Akbulut (83.) und tauchte dann gleich zweimal gegen Jan Demmerle und den Nachschuss von Nils Wohlschlegel ins bedrohte Eck (86.). Kurz zuvor hatte Reisbach nach einem blitzschnellen Angriff das Resultat auf 2:2 gestellt: Der quirlige Nils Wohlschlegel hatte einen weiten Schlag von Torwart Jonas Lucchi mit dem Fußgelenk elegant mitgenommen (Christian Schübelin: „Die Ballannahme war eine Augenweide!“) und den in der Mitte eingelaufenen Nicola Cortese bedient, der keine Mühe hatte, das Leder unter die Latte zu jagen. Da war Maximilian Strack chancenlos.

Doch dass es überhaupt so weit kam, lag daran, dass die Borussen nach der Führung nur noch wenig mit Köpfchen und nicht mehr den entscheidenden Ball spielten, um den Sack endgültig zuzumachen. Dabei war die Mannschaft aus dem Ellenfeld 75 Minuten lang klar dominant, hatte viel Ballbesitz, spielte geduldig – zuweilen wie Handballer um den Kreis herum, auf die Lücke lauernd, in die man hineinstoßen kann. Da Reisbach den Strafraum geschickt verbarrikadierte und die Räume einengte, war eine Lücke allerdings schwer zu finden. Deshalb probierten es die Borussen vor dem Seitenwechsel des Öfteren auch mit kernigen Distanzschüssen, doch sowohl Sayfedine El Khadem (per Freistoß, 11.) als auch Nico Christmann (13.) zielten zu hoch, während Jonas Lucchi im SCR-Tor sich beim Geschoss von Dylan Sodji (39.) ganz lang machte und den Ball aus dem Winkel fischte. Die Reisbacher hatten vor dem Seitenwechsel aus dem Spiel heraus keine echte Torchance. Dass ihr Führungstreffer aus einem 17-Meter-Freistoß resultierte, den Nils Wohlschlegel geschickt an der Mauer vorbei ins linke untere Toreck schlenzte, war deshalb symptomatisch. Kurz vor der Pause war das Borussen-Tor noch einmal in Bedrängnis, als Christoph Stemmler nach einem Eckball einen verunglückten Schuss zwei Meter vor der Torlinie aus der Gefahrenzone schlug (41.). So war die 1:0-Pausenführung für die Gastgeber etwas glücklich.

Zwei Treffer und große Freude: Marco Dahlers Elfmeter bedeutet nach der Pause den schnellen und wichtigen Ausgleich (oben), Sayfedine El Khadem trifft zum 2:1 (Mitte) und wird anschließend von den Mannschaftskameraden im Jubel fast erdrückt (unten). (Fotos: -jf-)

Nach dem Seitenwechsel hatte Borussia durch Marco Dahlers Elfmeter schnell den Gleichstand hergestellt (49.). Antonio Cortese hatte Noureddine El Khadem im rechten Strafraumeck von den Beinen geholt, Jonas Lucchi „roch“ zwar die Ecke, konnte den harten und platzierten Schuss des Borussen-Kapitäns nicht mehr erreichen. Komplett gedreht war das Spiel nach 66 Minuten, als Sayfedine El Khadem einen hohen Ball von Nico Christmann im Strafraum annahm, sich im Zweikampf gegen Meikel Bender und Christan Houy behauptete und das Leder mit aller Entschlossenheit einnetzte. Den Spielanteilen nach war dieses 2:1 bis dahin gerecht und verdient, ehe es die Borussen nochmal unnötig spannend machten und ins Schwimmen gerieten.

Doch was unter dem Strich zählt, sind die drei Punkte. „Dass wir trotz des Durchhängers am Ende gewonnen haben, ist gerade vor dem kleinen Derby am Sonntag gegen Homburg ganz wichtig“, ordnet Christian Schübelin, sichtlich erleichtert, das Resultat ein und reihte sich ein in die gemeinsame Jubeltraube aus Spielern und Fans. Schließlich gehören Last-minute-Siege zu den schönsten Erfolgserlebnissen. Sie zehren zwar am Nervenkostüm, können aber auch besondere Emotionen freimachen und im Sinne einer Initialzündung die weitere Entwicklung einer Mannschaft enorm befördern. Und das ist – neben den drei Punkten – sicherlich nicht das schlechteste Ergebnis an diesem aufregenden Abend in Reisbach! (-jf-)

Statistik: SC Reisbach – Borussia 2:3 (1:0)

Borussia: Maximilian Strack – Kamil Czeremurzynski (ab 46. Dominik Cullmann), Marco Dahler (C), Nico Purket, Christoph Stemmler, Nico Christmann, Sayfedine El Khadem, Michael Müller, Dylan Sodji, Noureddine El Khadem (ab 66. Ralph Smith), Lars-André Kaula (ab 77. Tim Klein). – Trainer: Christian Schübelin.

Tore: 1:0 (4.) Nils Wohlschegel, 1:1 (49.) Marco Dahler (Foulelfmeter), 1:2 (66.) Sayfedine El Khadem, 2:2 (81.) Nicola Cortese, 2:3 (90.+3) Tim Klein. – Schiedsrichter: Maximilian Schommer (SG Haupersweiler-Reitscheid). – Zuschauer: 450. – Gelbe Karten Borussia: Nico Christmann (40.), Dominik Cullmann (75.).

Unsere Bilder zeigen weitere Spieleindrücke aus Reisbach. (Fotos: Tobias Amelong / -jf-)

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