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Aus der traditionsreichen Geschichte der Borussia: Dank Elmar Mays Tor standen die Borussen lange Zeit vor einem Sieg in Meiderich
Unser Bild: Lange Zeit hielt Borussias Bollwerk gegen stürmende Zebras – trotz des späten Ausgleichs nahmen die Borussen den einen Punkt gerne mit heim ins Ellenfeld. (Foto: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)
Noch sechs Minuten waren im Wedau-Stadion zu spielen an jenem 20. Februar 1965. Borussia lag durch den Treffer ihres „blonden Engels“ Elmar May, der ein Zuspiel von Günter Kuntz eiskalt verwandelt hatte, mit 1:0 in Führung und durfte vier Wochen nach dem 2:1-Sieg beim Hamburger SV vom zweiten Auswärtssieg in Folge träumen. Doch dann machte Heinz van Haaren mit seinem satten Linksschuss nach 84 Minuten diese Hoffnungen zunichte. Trotzdem: Das 1:1 war ein Achtungserfolg beim Meidericher SV – schließlich waren die Zebras der Vizemeister des Vorjahres und hatten nur eine Woche vor dem Neunkircher Gastspiel in der Wedau beim amtierenden Titelträger und aktuellen Tabellenzweiten 1. FC Köln mit 2:1 die Punkte aus Müngersdorf entführt.
Die Borussen verteidigten leidenschaftlich in diesen letzten Minuten vor 10.000 Zuschauern. Erich Leist, Dieter Schock, Hennes Schreier, Günter Schröder, Achim Melcher – sie alle warfen sich vor dem aufmerksamen Horst Kirsch im Tor in jeden Ball, um die Kreise von MSV-Spielmacher Werner „Eia“ Krämer und Torjäger Horst Gecks einzuengen. Dabei war das Verteidigen eigentlich eine Spezialität der Meidericher, deren Trainer Gutendorf als „Riegel-Rudi“ bekannt war. „Riegel-Rudi“ nahm es jedoch gelassen in dem Wissen, dass ihm die außergewöhnliche Defensivtaktik schon einige Erfolge beschert hatte: „Ich bin also der Meidericher Maurermeister, über den so viel geschimpft wird: Anpfiff. Müller zieht sich sofort zurück. Lotz oder Nolte übernehmen die Aufgabe des Außenläufers. Im entscheidenden Moment, wo wir es ganz schwer haben, zieht sich auch Krämer noch zurück, um hier den Riegel zu vervollständigen. Selbst Rahn kommt zurück! Das war ja eine Weltsensation! Dass wir, dass diese Meidericher, das ist ja eine Straßenmannschaft gewesen… Von der B-Jugend an. ‚Eia‘ Krämer, der Versteeg und so weiter. Ich hab´ dann lediglich den Helmut Rahn noch dazu gekauft. Wir haben zu Hause überhaupt kein Spiel verloren, weil ich so ein System installiert habe, das war die Sensation des ersten Bundesligajahres“, diktiert er kritischen Reportern in den Notizblock.
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Gegen Riegel-Rudis (li.) Defensivverbund mit Nationaltorwart Manfred Manglitz (re., oben) hatten es Günter Kuntz (Mitte) & Co schwer: Es gab nur wenige Chancen (unten). (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)
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Sein Verteidiger Johann Sabath konnte Gutendorfs Aussagen nur unterstreichen: „Wir brauchten eigentlich gar keinen Trainer. Wir waren alle so giftig und so knallhart. Wir gingen alle so zur Sache. Und datt fürn Mettbrötchen und ne Tasse Kaffee. Dat is datt, wat ich sagen wollte, gingen wir zur Sache, dat datt nur so gekracht hat. Da ham die sich bald gegenseitig zerfletscht. Und der dicke Rahn hat gesagt: ‚Hab´ ich noch gar nicht erlebt. Dat sin ja, datt sind ja hier, hömma, als wenn Blitz und Donner einschlägt, wenn ihr da abgeht. Jaaaa, unheimlich!‘“ Helmut Rahn war allerdings beim Spiel der Borussen in der Wedau schon nicht mehr dabei. Das Hinspiel im Ellenfeld, das Borussia dank dreier Treffer von Günter Kuntz und einem Tor von Elmar May im Oktober 1964 trotz Riegel-Rudis Defensivtaktik mit 4:2 gewonnen hatte, war der letzte Bundesligaauftritt des füllig gewordenen Weltmeisters von 1954 gewesen.
Die Borussen nahmen nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Kurt Tschenscher aus Mannheim ungeachtet des späten Ausgleichs den Punkt aus Meiderich gerne mit, blieben sie doch damit zu Beginn der Rückrunde 1964/65 zum vierten Mal nacheinander ungeschlagen. Zuvor hatten die Männer um Kapitän Günter Kuntz dem amtierenden Meister 1. FC Köln im Ellenfeld ein 1:1 abgeknöpft, 2:1 in Hamburg gewonnen und beim 0:0 gegen Eintracht Braunschweig einen durchaus möglichen Sieg nur knapp verpasst. Dennoch war die Tabellensituation im Kampf um den Klassenerhalt alles andere als entspannt: Zwar rangierte Borussia mit 18:26-Zählern punktgleich mit dem Tabellenelften VfB Stuttgart auf Platz 14, dahinter aber lauerten auf den Abstiegsplätzen Schalke 04 (17:27) und Hertha BSC (16:28) mit denkbar knappem Abstand! Auf die Borussen warteten jetzt zwei schwere Aufgaben: Zunächst ging es zum Nachholspiel zu den Roten Teufeln nach Kaiserslautern auf den Betzenberg, anschließend sollte der spätere Meister Werder Bremen seine Visitenkarte im Ellenfeld abgeben. Diese beiden Geschichten erzählen wir ein anderes Mal!
In Meiderich schickte Trainer Horst Buhtz folgende Mannschaft aufs Spielfeld: Horst Kirsch – Erich Leist, Dieter Schock, Hennes Schreier, Günter Schröder, Dieter Harig, Achim Melcher, Horst Berg, Günter Heiden, Günter Kuntz, Elmar May. Kollege Rudi Gutendorf bot folgendes Team auf: Manfred Manglitz – Hartmut Heidemann, Manfred Müller, Günter Preuß, Johann Sabath, Heinz van Haaren, Werner Krämer, Werner Lotz, Ludwig Nolden, Horst Gecks, Heinz Versteeg. (-jf-)
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