Geburt und Abschied – Tage voll Freude, Trauer und Hoffnung

Gratulation an Reiner Reuter und Frank Gießelmann zum Geburtstag / Trauer über den Tod des ehemaligen Bundesliga-Borussen Gerd Peehs

Unser Bild: „Ich habe weder mich noch meine Gegner geschont“, hat Gerd Peehs über seine Art, Fußball zu spielen, einmal gesagt. Dieses Bild ist der Beweis: Gerd Peehs im Borussen-Trikot (li.) im unerbittlichen Zweikampf bei einem Spiel im Stadion Rote-Erde in Dortmund – dort, wohin er nach seiner Zeit im Ellenfeld wechseln und zum Stammspieler werden sollte. (Foto: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

„Media vita in morte sumus – mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen.“ Mit diesen Worten beginnt (in lateinischer Sprache) ein gregorianischer Choral aus dem 8. Jahrhundert, der dem Gelehrten und Dichter der Karolingerzeit, Notker aus St. Gallen, zugeschrieben wird. Die in diesem Satz ausgedrückte zutiefst menschliche Erfahrung hat der Reformator Martin Luther 1524 zu einem Kirchenlied gemacht, das heute noch gesungen wird. Doch über diese Erfahrung hinaus darf der Christ hoffen – und den obigen Satz umkehren: „Mitten im Tod sind wir vom Leben umfangen.“ Leben und Tod durchdringen sich gegenseitig, gehören unausweichlich zusammen. Erst durch den Tod erfahren wir, dass das Leben nicht einfach selbstverständlich ist, sondern ein Geschenk, eine Gabe ist. Über dieses Geschenk können sich in diesen Tagen zwei frühere Borussen-Aktive freuen. Es gilt aber auch, Abschied zu nehmen von einem ehemaligen Bundesligaspieler der Borussia.

+++ 70 JAHRE REINER REUTER! +++

Reiner Reuter als Neuzugang im Ellenfeld (Bild li.) und im Zweikampf bei einem Spiel gegen Mainz 05 im Bruchweg-Stadion (Bild re.). (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

Sein 70. Wiegenfest feierte am vergangenen Montag Reiner Reuter. Der Jubilar kam von der Spvgg Andernach ins Ellenfeld, wo er in der Saison 1974/75 in der damaligen 2. Liga Süd 23 Spiele im schwarz-weißen Trikot bestritt und dabei zwei Treffer erzielte. Später übernahm der offensive Mittelfeldspieler auch das Traineramt bei der Borussia: Am 1. Juli 1985 wurde Reiner Reuter Nachfolger von Interimscoach Hennes Schreier, der zuvor den zurückgetretenen Jürgen Fuhrmann „beerbt“ hatte. In 60 Spielen trug Reiner Reuter die Verantwortung auf der Trainerbank – mit positiver Bilanz: 23 Siegen stehen 22 Niederlagen gegenüber, in 15 Partien trennte sich seine Mannschaft unentschieden vom Gegner. Nach einem 0:1 im Ellenfeld gegen den SSV Überherrn wurde Reiner Reuter Ende Februar 1987 von Heinz Eisengreis abgelöst. Der größte Erfolg: Unter Reiner Reuter gelang es der Borussia, im August 1985 im Rahmen der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde den Zweitligisten Rot-Weiß Oberhausen aus dem Rennen zu werfen: Zwar gingen die Gäste gleich zweimal durch „Manni“ Burgsmüller in Führung, doch dank des Tores von Martin Ruffing (zum zwischenzeitlichen 1:1) und dem „finale furioso“ mit zwei Treffern von Max Brill (87.) und Andreas Schön (89.) konnte Borussia das Spiel zu ihren Gunsten drehen. Dabei hatte Reiner Reuter ein „glückliches Händchen“ bewiesen, hatte er doch den Schützen zum 3:2 erst kurz zuvor eingewechselt! In der zweiten Hauptrunde ereilte die Borussen dann zuhause gegen den FC Homburg (1:3) das Pokalaus. Borussia dankt Reiner Reuter für seinen Einsatz und sein Engagement als Spieler und Trainer, gratuliert nachträglich herzlich zum Ehrentag und wünscht für das neue Lebensjahr alles erdenklich Gute! Ad multos annos, Reiner Reuter!

+++ 60 JAHRE FRANK GIEßELMANN! +++

Anspannung vor dem Auftritt: Frank Gießelmann auf dem Rasen des Ellenfelds (li.) und im „Spielertunnel“ vor dem Aufstiegsspiel 1991 gegen 1860 München mit Torhüter Roland Kuppig (li.) und Christof Mees (re.) (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

Wenn Frank Gießelmann mit seinen Söhnen Marcel und Nils gemeinsam vor dem Bildschirm sitzt und sich auf einem Videoportal Szenen aus alten Tagen ansieht, dann kommen viele Erinnerungen hoch! In den 80er- und 90er-Jahren absolvierte das „Geburtstagskind“, das aus Hühnerfeld ins Ellenfeld gekommen war, 184 Spiele für die Borussia und erzielte dabei 18 Treffer. Der aufregendste: Das 1:0 per Kopf im Aufstiegsspiel zur 2. Liga im Ellenfeld gegen 1860 München zur Neunkircher Führung – dass es am Ende nur zu einem 1:1 reichte, hat vielleicht auch etwas damit zu tun, dass Frank Gießelmann später mit der roten Karte vom Platz musste! „Das waren außergewöhnliche Zeiten mit wirklich tollen Erlebnissen“, erinnert er sich in einem Beitrag der „Saarbrücker Zeitung“ im Juni 2021. Besonders das Rückspiel der Borussen bei den „Löwen“ hat einen besonderen Stellenwert in seiner Laufbahn: „Als wir in München ankamen, war alles in Blau und Weiß geschmückt. Medieninteresse und Stimmung im Stadion an der Grünwalder Straße waren gigantisch, das werde ich nie vergessen“, so Frank Gießelmann. Mit einem 2:1-Sieg machten die „60er“ den Aufstieg in die 2. Liga perfekt, „Löwen“-Trainer Karsten Wettberg vollführte nach dem Spiel mit dem Regenschirm einen wahren Veitstanz auf dem Spielfeld auf, auch das bleibt mit Gänsehaut-Feeling in Erinnerung und „toppt“, so Frank Gießelmann, „sogar unser späteres Pokalspiel gegen die Bayern“, das der Saarlandpokalsieger von 1992 vor fast 20.000 Fans im Ellenfeld mit 0:6 verlor. Der persönliche Höhepunkt: „Ich habe damals im defensiven Mittelfeld gegen den jungen Mehmet Scholl gespielt. Und ich weiß noch, dass ich Oliver Kreuzer einen Beinschuss verpasst habe. Das gab natürlich Szenenapplaus“, spult Frank Gießelmann, der mit Jay Jay Okocha zusammengespielt hat und mit Stefan Kuntz befreundet ist, die Szenen noch einmal vor seinem geistigen Auge ab. Sohn Marcel spielte in der Jugend ebenfalls für die Borussia – für ihn fungierte der Papa nicht nur als Förderer, sondern auch als eine Art zweiter Trainer und Vorbild. So spielte der Sohnemann in der A-Jugend beim SV Thalexweiler in der Regionalliga, war sogar bei Jahn Regensburg im Probetraining, um auf das dortige Sportinternat zu wechseln, was sich jedoch zerschlagen hat. „Marcel hat versucht in meine Fußstapfen zu treten, allerdings haben ihm auch Verletzungen zugesetzt“, erzählt der Vater, der auf beide Söhne stolz ist: Nils kickt nach wie vor unter dem Spitznamen „Kreisliga Beckenbauer“ bei der SG Eintracht Altenwald, Marcel ist dort sportlicher Leiter. Kein Wunder, dass auch Frank Gießelmann im Sulzbacher Stadtteil oft auf dem Sportplatz anzutreffen ist. Borussia erinnert sich dankbar an das Engagement von Frank Gießelmann im Ellenfeld, gratuliert ganz herzlich zum heutigen Geburtstag und wünscht für das neue Lebensjahr alles erdenklich Gute!

+++ ABSCHIED VON GERD PEEHS † +++

Highlight-Spiel für Gerd Peehs: Beim 0:4 gegen Bayern München 1966 hatte der Defensivspieler der Borussia mit Torjäger Gerd Müller (li.) und Rudolf Nafziger (re.) alle Hände resp. Füße voll zu tun! (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen Hartung)

Wie die Borussia erst kürzlich erfahren hat, ist der ehemalige Bundesligaspieler Gerd Peehs im Oktober im Alter von 82 Jahren verstorben. Bei Saar 05 startete Gerd Peehs, der im Saarbrücker Stadtteil Neuscheidt das Licht der Welt erblickt hatte, 1960 seine höherklassige Laufbahn und absolvierte für die „Söhne Saarbrückens“ 154 Spiele (23 Tore). 1965 nahm er das Angebot der Borussia an und wechselte ins Ellenfeld. Sein Debüt gab er gleich im ersten Saisonspiel beim 1:1 am 14 August 1965 gegen den damaligen Aufsteiger Borussia Mönchengladbach, bestritt in der Saison 1965/66 20 Ligaspiele – ohne freilich am Ende den Abstieg der Borussen in die Regionalliga verhindern zu können. Nach nur einem Jahr verließ Gerd Peehs die saarländische Borussia und schloss sich der westfälischen Borussia in Dortmund an, wo er in der Bundesliga Fuß fasste. In fast 7 Jahren trug er – gemeinsam mit den BVB-Helden Siggi Held, Rudi Assauer, Lorthar Emmerich und „Stan“ Libuda – in 182 Spielen das schwarz-gelbe Trikot (4 Tore). Ob als linker oder rechter Außenverteidiger oder Beauftragter für „Sonderaufgaben“ in der Manndeckung: Gerd Peehs erledigte seinen Job stets zuverlässig. Auch das runde Leder hat er mit aller Konsequenz malträtiert: Bei einer Messung stellte sich heraus, dass Gerd Peehs mit 114,1 Kilometern seinerzeit den härtesten Schuss der Bundesliga hatte. „Schneller als ein VW“, titelte daamals die BILD-Zeitung. „Ich war schon nicht der Schlechteste, allerdings kein großer Techniker, doch ich hatte unheimlich viel Ehrgeiz. Sagen wir es einmal so: Ich habe weder mich noch meine Gegner geschont“, blickte Peehs im Januar 2012 in einem Beitrag der „Saarbrücker Zeitung“ (SZ) auf seine Karriere zurück, die ihn beinahe sogar nach England geführt hätte. „Es gab Angebote, die finanziell zwanzig Mal besser als in Dortmund waren. Aber erstens konnte ich kein Englisch, zweitens habe ich mich vor dem Schritt, mit Frau und Kindern den Lebensmittelpunkt zu verschieben, gescheut“, gestand er später. So kehrte Gerd Peehs im Januar 1973 wieder in seine Geburtsstadt Saarbrücken zurück, wo er sich dem 1. FCS unter Coach Herbert Binkert anschloss. Privat wurde er im französischen Holving bei Puttelange heimisch – dort hatte er schon 1972 ein Grundstück als Wochenend-Bleibe gekauft und später aus Holz ein Wohnhaus gebaut. „Wir fühlen uns hier sehr wohl, ich genieße die Ruhe, habe einen Steg und ein Ruderboot zum Angeln.  Ich bin mittlerweile ein halber Lothringer“, hat der gelernte Installateur und Heizunsgmonteut einmal gesagt. Auch wenn Gerd Peehs nur ein Jahr das Trikot der Borussia getragen hat, so hat er doch in der Ellenfeld-Bundesligahistorie seinen festen Platz. Borussia trauert mit der Familie um ihren ehemaligen Bundesligaspieler: Danke für den Einsatz, Gerd Peehs, und: Ruhe in Frieden! (-jf-)

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