Erinnerungen an den größten Borussen-Fan aller Zeiten

Memorabilia aus dem Nachlass von Leo Düppré wurden jetzt dem Archiv der Borussia übergeben

Unser Bild: Mit Borussen-Fahne und dem Motorrad durch ganz Deutschland – so ist Leo Düppré bis heute in Erinnerung geblieben. Hamburg, Berlin, Oberhausen, St. Pauli oder München: Wo er auch hinkam, kannte und schätzte man den treuen Anhänger und Botschafter der Borussia! (Foto: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen)

Leo – der Löwe! Der Name passte zu ihm, denn Leo Düppré war ein Kämpfer vor dem Herrn – ein Kämpfer für die Borussia. Kein Weg war ihm zu weit, kein Wetter zu schlecht für seinen Herzensverein, in schwarz-weißer Kluft bretterte er stolz wie Oskar mit seinem 250er-BMW-Motorrad, die Borussen-Fahne an der Lenkstange, zu den Stadien in ganz Deutschland. Kein Wunder, dass das Neunkircher Unikum in der ganzen Republik bekannt war wie ein bunter Hund. Voll ansteckender Treue und Begeisterung, immer friedfertig, immer versöhnlich. „Ein braver Botschafter für Verein und Stadt“, formulierte 2005 SZ-Lokaljournalist Gerd Meiser am Ende seines Leo-Porträts in der Festschrift „Mythos Ellenfeld“ sein Fazit. Als Leo Düppré viel zu früh 1999 im Alter von 77 Jahren das Zeitliche gesegnet hat, ist ein Stück Borussia, ein Stück Neunkirchen verloren gegangen.

Nicht verloren gegangen sind jedoch seine Fan-Utensilien. Borussias Archiv-Experten Wolfgang Rausch und Professor Dr. Jens Kelm konnten jetzt, 25 Jahre nach Leo Düpprés Tod, aus der Hand seines Sohnes Kurt wertvolle Memorabilia für das Borussen-Archiv bekommen. „Mit einem seiner Söhne, Kurt Düppré, der in der Tradition seines Vaters fast jedes Heimspiel der Borussia verfolgt, standen wir schon länger in Kontakt und sind sehr froh, dass er uns nun einige markante und unvergessene Fan-Utensilien seines Vaters übergeben hat“, berichtet Wolfgang Rausch und zählt die Memorabilia auf: „Die Originaltrommel mit einem Durchmesser von 38 Zentimetern und einer Höhe von mehr als einem halben Meter, mit der Leo die Mannschaft immer lautstark im Rhythmus hielt, dazu die zwei Schlägel. Darüber hinaus seinen Original-Pullover, familiär gestrickt, schwarz-weiß mit großem Borussen-Wappen mittig auf der Brust, die Originalfahne mit gelbem Häkelrand, ein Trikot mit der Nummer 9 und dem Schriftzug `Der größte 11-Meter-Schütze von St. Pauli“, eine Original-Fanfare in schwarz und weiß, 40 Zentimeter lang sowie diverse Bilder.“ Gesichert werden die wertvollen Erinnerungsstücke an Leo Düppré im Archiv der Borussia, das in großen Teilen im Sportarchiv des Saarlandes in Saarbrücken-Scheidt lagert. „Wir sagen im Namen der Borussia ein ganz herzliches Dank an Kurt Düppré und die Familie, dass sie uns diese Dinge zur Verfügung gestellt haben“, so Wolfgang Rausch.

Leos Fan-Ausrüstung für das Borussia-Archiv: Fahne und Stange (oben), Trikot und handgestrickter Pullover, Trommel mit Schlägel (unten). (Fotos: -wr- / -jk- / Ellenfeld-Verein e.V., Archiv Borussia Neunkirchen)

Zur Erinnerung: Leo Düppré hatte beileibe kein einfaches Leben. Das Licht der Welt erblickte er am 19. September 1921 in der Hospitalstraße in Neunkirchen als sechstes von insgesamt 12 Kindern. Sein Vater war Hüttenarbeiter – so wie Leo später auch, bevor er lange bei der bekannten Neunkircher Firma Hamba tätig war. Schon in der Jugend trug er selbst das Borussen-Trikot, nach dem Krieg, in dem er bei den Fallschirmjägern stationiert war, stürmte er auf Linksaußen für die zweite Mannschaft der Borussia, um dann anschließend nahtlos seine „Fan-Karriere“ zu starten. Und die führte den Leo beileibe nicht nur auf den Rasen und die Ränge des Ellenfelds und der deutschen Fußballstadien, wo er aktiver Teil des Geschehens war und vor dem Anpfiff so manches Ritual vollzog, sei es Elfmeter-Schießen, die Präsentation eines lebendigen Glücksschweins oder das Verteilen von Süßigkeiten an die Kinder. Man sah ihn auch oft als Repräsentant und Bittsteller der Borussia zu verschiedenen Anlässen in seiner Heimatstadt. „Er gehörte zum Stadtbild wie der Freiherr (von Stumm) und Sense Eduard (Franz Carl Eduard Senz, der Kofferträger), de Wiham (Wilhelm Koch, der Straßenmusiker), die Hütte und die vielen, vielen Kneipen. Er begleitete stolz die letzte Fahrt der Neunkircher Straßenbahn auf seinem Motorrad und sein Gesicht strahlte“, schreibt André Noltus in seinem kleinen lesenswerten Büchlein „Borussen-Leo. Ein Porträt“, in dem es aber nicht nur um Fußball geht.

Denn Leo war nicht nur mit Borussia verheiratet, sondern hatte in seiner Irma, einer gebürtigen Bexbacherin, sieben Kinder (vier Jungs, drei Mädchen). Schwer trafen ihn und seine Gattin der frühe Verlust ihres Sohnes Theo, der 18jährig einem Krebsleiden erlag. Die Söhne Kurt und Rudi kickten in der Borussen-Jugend, „aber hauptsächlich beruflich bedingt haben wir es nicht weitergebracht“; erzählt Kurt Düppré, der dem Borussen-Leo bescheinigt, „ein guter Vater“ gewesen zu sein und das Verständnis der Ehefrau und Mutter hervorhebt: „Sie hat den Papa gehen lassen, auch als seine Borussen-Touren fast oder überhaupt mehr Zeit in Anspruch nahmen als das Familienleben.“ Fast nie sah man Leo ohne Fan-Kleidung, abgelegt hat er sie selten – zum Beispiel bei der Erstkommunion seiner Enkel. „Einmal ohne Borussen-Kluft auf einem Bild zu sein hat mir dann aber auch mal gutgetan“, hat er selbst einmal gesagt.

Natürlich war er hin und wieder auch einmal über ein schlechtes Spiel seiner Jungs geärgert, aber böse oder wehleidige Worte über die Borussia hat man von Leo nie gehört, positives Denken war ihm wichtig. „Ich lebe, bis die Borussia wieder in die zweite Liga aufsteigt“, hatte er noch kurz vor seinem Ablegen geplant. „Obwohl es Leo Düppré im Leben nicht immer gut ging, war er ein ausgesprochen sonniger Mensch. Stets verbreitete er eine geradezu sorglose Art Fröhlichkeit“, konnte Gerd Meiser selbst erfahren. Bei einem Datum leuchteten seine Augen: „28. Juni 1964. Dann schwärmte er vom Elmar Mays Tor gegen Tasmania Berlin. Es schenkte Neunkirchen die Bundesliga und dem Leo  seine schönste Erinnerung“, schreibt Tobias Fuchs, dem Leo den Ehrentitel „Reporter der Windrose“ widmete. Schicksalhafte Verbindung: Leo Düppré starb nur wenige Wochen nach seinem Aufstiegsheld Elmar May …

Hat seinen festen Platz in der Club-Historie und den Herzen der Fans: Leo Düppré! (Foto: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen)

Anlässlich seines Todes 1999 schickten der damalige Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine und der damalige saarländische Ministerpräsident Reinhart Klimmt einen Kranz. SR-Sportreporter Werner Zimmer war da, die Busfahrer der Neunkircher Verkehrsbetriebe ehrten ihn mit einem Blumengebinde und viele Neunkircher gaben ihm das letzte Geleit. Zu seinem 75. Geburtstag 1996 bekam Leo einen Glückwunsch von Franz Beckenbauer. Und es gibt nicht wenige, die glauben, er habe ein Denkmal verdient: „Schön wäre es aus Neunkircher Eisen“, meint Tobias Fuchs. „Weil er inzwischen zu einem echten, unverfälschten Neunkircher Original aufgestiegen ist und die Augen vieler Ehemaligen zum Glänzen bringt, sollte man ihm, wenn auch keine Statue, dann mindestens eine Tafel mit seinem Konterfei ans Stadion heften“, plädiert Autor André Noltus.

„Ich kann mir eine Borussia ohne Leo nicht vorstellen.“ Was Uli Glup, derzeit Vorsitzender des Ältestenrates der Borussia, einst für unmöglich hielt, ist nunmehr seit 25 Jahren Realität. Doch eines kann man sich gut vorstellen, und das ist ein tröstlicher Gedanke: Man darf eigentlich sicher sein, dass Leo Düppré oben im Himmel wie ein Löwe für die Borussia weiter kämpft, die Spiele seiner Jungs wohlwollend betrachtet und ihnen fest die Daumen drückt – auch ohne Trommel, Fahne, Pullover und Trikot. Denn das alles hat er nun der Borussia zukommen lassen, als ewige Erinnerung an den größten Borussen-Fan aller Zeiten! (-jf-)

Aus dem Fotoalbum: Erinnerungen an Leo Düppré (Fotos: Ellenfeld-Verein e.V. / Archiv Borussia Neunkirchen)

Leo: Als junger Fußballer im Borussen-Trikot

Leo: Schon als Soldat ein guter Motorradfahrer

Leo: Mit lebendem Glücksschwein vor der Bundesligapartie 1964 gegen den 1. FC Kaiserslautern

Leo: Größter Elfmeterschütze von St. Pauli!

Leo: Der Kinderfreund

Leo: Für jeden Spaß zu haben – auch beim Halbzeitkick im Fußballtor!

Leo: Mit Meisterkranz der Südwestmeisterschaft 1973/74

Leo: Bewundernder Beobachter der Karriere von Borussen-Stürmer Stefan Kuntz

Gleich geht´s los: Leo, gut ausgerüstet, kann den Anpfiff kaum erwarten, das Ellenfeld ohne den größten Borussen-Fan einst unvorstellbar!

11 Kommentare

  1. Schöner Bericht Jo. Da schwelgt man wieder in schönen und emotionalen Erinnerungen.
    Leo war echt ein Gudder. Ich habe Deinen Bericht auch mit einer gehörigen Portion Wehmut gelesen.
    Sind halt schöne Erinnerungen, vergesse die Zeit nicht seit 1967 als ich zum erstenmal die Borussia mit meinem Vater
    in der Bundersliga sah. Ab da bin ich Borusse in guten wie in nicht so guten Zeiten.

  2. .. Leo war wirklich der größte Borussenfan und in ganz Feutschland bekannt!! So war es .. der würde sich heute im Grab umdrehen, wenn er sehen würde, wie Borussia in der Versenkung verschwunden ist …

  3. Was war das für eine Zeit von 1964 an als wir eine Gruppe von 12 bis 14jährige samstags mit Fahne und 3Horn-Trompete von Elversberg ins Ellenfeld liefen und jeder so nah wie möglich beim Leo zu sein.

  4. …hurra,hurra,huraahaa die Spieler der Borussia sind da… Hoch lebe Eisen, hoch lebe Stahl, hoch leb Borussia … wir haben keine Gegner mehr,schickt uns Real Madrid her… den Leo und seine Gesänge werde ich wohl nie vergessen. Danke für die Auffrischung meiner Erinnerungen, schöner Beitrag und das hat Leo auch mehr als verdient.

  5. Schade das ich Leo nie kennengelernt habe. Mit ihm hätte ich schöne Geschichten erzählen können. Liebe Grüße in dem Himmel, an Leo. Grüße aus Berlin von euren Freunden von Hertha BSC

  6. Der Borussen Leo wird allen Fans der Borussia für immer und ewig in bester Erinnerung bleiben. Schön, dass der Jo ihn durch den tollen Bericht nochmals würdigt, denn das hat er allemal mehr als verdient. Einer der größten, wenn nicht der GRÖßTE BORUSSE aller Zeiten.

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