Ein Schritt zurück als ein Schritt nach vorne?

Sebastian Cullmann verlässt die Borussia: Der Mittelfeldspieler zieht aus gesundheitlichen Gründen die Reißleine und wechselt in die Landesliga Nord zu seinem Heimatverein 1. FC Niederkirchen

Auf solche Szenen müssen die Borussen-Fans ab sofort verzichten: Torjubel mit Sebastian Cullmann, hier nach seinem Siegtreffer in der Vorrunde 2024/25 gegen die SG Mettlach-Merzig. (Foto: -jf-)

Immer wieder hat er es versucht. Sich nach Verletzungen, vor allem muskulärer Art, herangearbeitet, malocht, die Hoffnung nie aufgegeben. Doch jetzt muss er die Reißleine ziehen. Sebastian Cullmann verlässt nach sechs Jahren, 73 Spielen, 13 Toren und 10 Torvorlagen im Borussen-Trikot das Ellenfeld. Wer weiß, welch emotionale Beziehung der 25jährige zur Borussia aufgebaut hat, kann erahnen, wie schwer ihm dieser Abschied fällt. „Aber es hat so keinen Zweck mehr. Mein Körper gibt mir das Stop-Signal. Seit dem Pfeifferschen Drüsenfieber im Winter macht er nicht mehr mit, die Trainings- und Spieintensität auf Saarlandliga-Niveau erlaubt er mir nicht mehr. Ich komme nicht mehr richtig auf die Beine“, hat Sebastian Cullmann die letzten Wochen intensiv in sich hineingehorcht und seine Entscheidung getroffen – und ist mit dieser Entscheidung im Reinen: Der Mittelfeldspieler wird einen Schritt zurück machen und ab sofort zu seinem Heimatverein 1. FC Niederkirchen zurückkehren. Zweifellos ein Verlust für Borussia.

Dabei hatte die vergangene Runde so gut für ihn begonnen. Nach schwierigem Start, der persönlichen Gründen geschuldet war, kam er immer besser ihn Fahrt. Auch das Zusammenspiel mit seinem jüngere Bruder Dominik klappte immer besser. Der eine legte dem anderen die Tore auf. „Da habe ich auch gemerkt, wie viel mit der Fußball gibt. Dank des Fußballs bin ich aus einer nicht einfache Phase stärker herausgekommen“, blickt Sebastian Cullmann dankbar zurück. Besonders emotional das Heimspiel gegen die SG Mettlach-Merzig, wo nach seinem fulminanten Schuss zum 1:0-Sieg reichlich Freudentränen flossen. Doch irgendwie sollte es nicht sein, der nächste Rückschlag ließ nicht lange auf sich warten.Das Eppstein-Barr-Virus (EBV), Auslöser des nach dem Kinderarzt Dr. Emil Pfeiffer (1846-1921) benannten Drüsenfiebers, legte Sebastian Cullmann im wahrsten Sinne des Wortes flach, trat kräftezehrend schubweise immer wieder aktiv in Erscheinung. Die bittere Erkenntnis: „An Fußballspielen war da nicht zu denken.“ Auch als es wieder ging, fehlte die Energie. Sechs Einsätze nach der Winterpause mit 213 Spielminuten, dazu bei sieben weiteren Partien erst gar nicht im Kader – eine Bilanz, die dem Leistungspotential Sebastian Cullmanns nicht gerecht wird und ihn zunehmend nachdenklich stimmte.

Bilder mit Symbolcharakter: Eine wahre Gefühlsachterbahn war das letzte Jahr für Sebastian Cullmann – guter Beginn u.a. mit Bruder Dominik und dem 7:1 beim FC Rastpfuhl (li.), das Pfeiffersche Drüsenfieber hat den 25jährigen dann aber im Winter physisch und mental stark mitgenommen (re.). (Fotos: -jf-)

Dabei mag man sich gar nicht vorstellen, welchen Verlauf die Karriere des agilen Mittelfeldspielers hätte ohne Verletzungen nehmen können. Ausgestattet mit einer enormen Schnelligkeit, feiner Technik und einem kreativen Kopf, immer für ein Überraschungsmoment, für eine Finte gut, gehört der in der Jugend des 1. FC Niederkirchen und JFG Schaumberg-Prims ausgebildete begnadete Fußballer zweifellos zu den Akteuren der Kategorie „Unterschiedsspieler“. „Das wird uns sicher fehlen“, glaubt denn auch Jan Berger. Borussias Coach hat allerdings vollstes Verständnis für den letztlich nur konsequenten Entschluss seines Schützlings: „Die Gesundheit geht absolut vor, zumal Sebastian mit seinen 25 Jahren das Leben noch vor sich hat. Wir konnten ja auch im letzten halben Jahr sehen, wie er sich gequält hat.“ Was die Situation nicht einfacher machte: Sebastian Cullmanns Teamspirit und Ehrgeiz. Immer wieder holte der Mittelfeldspieler das Letzte aus sich heraus, „oft bestimmt 150 Prozent, und selbst das hat oft nicht gereicht, um der Mannschaft helfen zu können.“ Das zehrte an ihm, damit konnte und wollte er sich nicht zufriedengeben. Deshalb jetzt der Tritt auf die Bremse. In Niederkirchens Mannschaft trifft er die alten Kumpels von früher wieder, darf sich sofort gut aufgehoben fühlen. Denn der Wohlfühlfaktor – das war schon im Ellenfeld so – ist für ihn eminent wichtig. „Der Leistungsdruck fällt jetzt von mir ab. Das tut nicht nur meinem Körper, sondern auch dem Kopf gut“, sagt Sebastian Cullmann, auch wenn ihn, gerade unterwegs zum ersten Testspiel mit seinem Heimatclub, zwiespältige Gefühle heimsuchen. Aber Neunkirchen ist nicht aus der Welt. „Mein Herz hängt an der Borussia. Ich werde den Verein natürlich intensiv weiterverfolgen und die Jungs unterstützen kommen, wann immer es geht. Schließlich habe ich ja weiterhin beste Kontakte durch meinen Bruder Dominik“, verspricht er. Und wer ihn kennt, weiß um die Echtheit dieser Aussage. „Man sieht sich immer zweimal im Leben“, so seine Abschiedsworte an die Teamkollegen und die Fans, „mal sehen, was die Zukunft bringt. Vielleicht erweist sich der Schritt zurück dann als Schritt nach vorne.“ Womöglich als ein Schritt nach vorne zurück ins Borussen-Trikot mit der Nummer 29, das ihm immer sehr gut gestanden hat.

Borussia bedankt sich ganz herzlich bei Sebastian Cullmann für sein jahrelanges Engagement im Ellenfeld und wünscht ihm nur das Beste! Lieber Sebastian: Möge die Auszeit das bewirken, was Du Dir erhoffst, und dafür sorgen, dass Du um so stärker wieder zurückkommst. Im Ellenfeld wirst Du jederzeit herzlich willkommen sein! (-jf-)