
Exponate aus dem Klubmuseum „Fohlenwelt“ zeigen die Strahlkraft der Borussia aus Mönchengladbach, die am 23. Mai um 18.00 Uhr zu einem Benefizspiel im Ellenfeld gastiert / Folge 1
In zehn Tagen ist es soweit: Die Bundesliga kehrt ins Ellenfeld zurück! Wenn am Freitag, dem 23. Mai 2025, um 18.00 Uhr das Freundschaftsspiel der Borussen aus Neunkirchen und Mönchengladbach angepfiffen wird, werden Erinnerungen wach. „Das kann man ja jüngeren Menschen kaum noch erklären: Dass es in Deutschland mal ein Fußalljahrzehnt gab, in dem ein Verein fünfmal Deutscher Meister wurde – und es war nicht der FC Bayern! Der Aufstieg von Borussia Mönchengladbach vom betulichen Provinzclub am Niederrhein zu einem Team, das über die Grenzen hinaus die Sehnsucht nach einem neuen, freigeistigeren Spiel befriedigte, gehört zu den aufregendsten Fußballgeschichte überhaupt“, erklärt das Magazin „11FFREUNDE“ im Vorwort zu seiner Legenden-Ausgabe das Phänomen „VfL Borussia“.
125 Jahre alt wird der Gladbacher Borussia in diesem Jahr, ist damit ziemlich exakt fünf Jahre älter als die Namenscousine aus dem Saarland. Angefangen hat die Bundesliga-Historie der Grün-Weißen aus München Gladbach, wie die Stadt lange Zeit noch hieß, am 14. August 1965 im Ellenfeld – mit 1:1 entführte der Aufsteiger einen Punkt aus Neunkirchen, um unter der Ägide des 1964aus Köln gekommenen legendären Trainer Hennes Weisweiler nach kurzer Konsolidierungsphase im Fußball-Oberhaus geradezu durch die 70er-Jahre zu fegen und mit ihrem Offensivspiel die Sympathien der Fans im Sturm zu erobern. „Borussia Mönchengladbach in der goldenen Ära der 1970er-Jahre – das war Geschwindigkeit und Technik, Eleganz und jede Menge Tore. Fußball zum Schwärmen, Fußball zum Verlieben. Hätte man dem Zauber der Fohlenelf denn wirklich widerstehen können? Nein, natürlich nicht, unmöglich“, erinnert sich der aktuelle CEO Dr. Stefan Stegemann in einem Beitrag im „Kicker“ zurück, wie es beim 5:1-UEFA-Cup-Sieg im niederländischen Twente augenblicklich um ihn geschehen war. An Beliebtheit hat die Elf vom Niederrhein bis heute nichts eingebüßt, auch wenn die Triumphzüge durch deutsche und europäische Stadien schon ein Weilchen her sind.
„Wir durchschritten dunkle Täler und erklommen stolze Höh´n, ach komme doch, was wolle, wir werden immer zu dir stehen. Denn du lebende Legende, Fohlenelf vom Niederrhein, schriebst ein Stück Fußballgeschichte, und so wird´s auch in Zukunft sein“, heißt es in der hochemotionalen Ballade, die die Gruppe „B.O.“, Rockband aus der Gladbacher Fan-Szene, ihrer Borussia gewidmet hat: „Die Seele brennt“, das gilt auch für zahlreiche Gladbach-Fanclubs im Saarland, wenn sie samstags zu den Spielen im Borussia-Park aufbrechen. Für alle, die nach wie vor „Stein und Bein auf die Elf vom Niederrhein schwören“, hat man im Vereinsmuseum „Fohlenwelt“ zahlreiche Erinnerungen aufbewahrt – nicht nur aus Gefühlsduselei, sondern im Bewusstsein einer großen Tradition als Vermächtnis für zukünftige Generationen. Denn schließlich ist „Tradition nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“, wusste schon im 15. Jahrhundert der englische Lordkanzler und humanistische Autor Thomas Morus. Wir erinnern (ohne Anspruch auf ohnehin nie erreichbare Vollzähligkeit!) anhand verschiedener Exponate in einem kleinen Bilderbuch an große Persönlichkeiten und Erfolge der Gladbacher Borussen. Sie können verdeutlichen, welche Ausstrahlung und Wucht dieser Klub besitzt, der in zehn Tagen im Ellenfeld seine Aufwartung macht! (Fotos: -jf-)

Meister-Macher: Die Erfolgsgeschichte von Hennes Weisweiler beginnt erst richtig, als er im Sommer 1964 in einem alten Ford Taunus am Vereinsgelände von Borussia Mönchengladbach vorfährt. Ab dem Moment wird sich sein Leben für immer verändern. Als der Apologet eines fast bedingungslosen Offensivfußballs elf Jahre später vom Bökelberg verabschiedet, sind die inzwischen „Fohlen“ genannten Himmelsstürmer der einzige deutsche Klub, der dem FC Bayern das Wasser reichen kann. Drei Meisterschaften, ein Pokalsieg und ein Triumph im UEFA-Pokal – so lautet die nahezu unglaubliche Bilanz. Geformt hat er dabei auch den genialen Günter Netzer, für Berti Vogts, der früh seine Eltern verloren hatte, war er wie ein Vater. Aber wie gut Weisweiler ist, sieht man, als der Mittelfeldstar Gladbach 1973 verlässt und die Borussia fortan zwar anders, aber nicht weniger erfolgreich performt. Seine Qualitäten inklusive Titelgewinnen bringt er anschließend (trotz permanenten Zwistes mit Superstar Johan Cruyff) auch beim FC Barcelona, beim 1. FC Köln, bei Cosmos New York und den Grashoppers aus Zürich ein. Am 5. Juli 1983, nur drei Wochen, nachdem er mit den Schweizern das Double gewonnen hat, verabschiedet sich Hennes Weisweiler mit 63 Jahren durch einen Herzinfarkt von dieser Welt.

Von Mönchengladbach-Holt hinaus in die große weite Fußballwelt: Jupp Heynckes, Torjäger vom Bökelberg. Mit 13 erster Auftritt im Gladbach-Trikot, 1965 mit 6 Toren in der Aufstiegsrunde maßgeblich am Bundesliha-Aufstieg beteiligt, fünf Treffer beim legendären 12:0-Sieg seiner Borussia am letzten Spieltag der Saison 1977/78 gegen Borussia Dortmund, insgesamt 220 Bundesliga-Tore. Hoch dekoriert: Viermal deutscher Meister, einmal Pokalsieger, 1972 Europameister, 1974 Weltmeister, national wie international mehrfacher Torschützenkönig, „Kicker“-Stürmer des Jahres. Nicht weniger erfolgreich die anschließende fast vier Jahrzehnte währende Trainertätigkeit, die in Möchengladbach beginnt (1979-87). Er wechselt dann zum FC Bayern und bricht in die Ferne auf, arbeitet auf Teneriffa, bei Rea Madrid, bei Benfica Lissabon. Er kehrt zur Borussia zurück und auch zum FC Bayern. Mit zwei Siegermedaillen der Champions League und vielen Auszeichnungen mehr.

„Ich spiel´ dann jetzt“ – die Fotostrecke dokumentiert einen der legendärsten Auftritte von „Mr. Borussia“, Günter Netzer, der sich im Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln vor Beginn der Verlängerung selbst einwechselte und dann auch noch wenige Minuten später das 2:1-Siegtor erzielte. „Zehn Jahre lang wusste niemand von meiner Selbsteinwechslung. Ich habe mit keinem darüber gesprochen, solange Weisweiler lebte. Das war eine Frage der Ehre. Erst nach seinem Tod habe ich es einmal erwähnt – und niemand hat mir geglaubt. Und das ist kein Wunder. Wenn es eine Filmhandlung wäre, würden die Zuschauer abwinken und sagen: Was für ein Kitsch“, erzählte der Spielmacher einmal in einem 1FREUNDE-Interview. Eine Begründung für sein Handeln kennt er bis heute nicht: „Es war elendig heiß und ich in diesen Wochen ohnehin schlecht beisammen. Weisweiler hatte die einzig richtige Entscheidung getroffen und mich auf die Bank gesetzt. Die Theorie, ich sei wütend gewesen, will mir also nicht einleuchten. Ich muss ferngesteuert gewesen sein.“

In Bronze gegossen: Der geniale Fuß des Gladbacher Regisseurs, mit dem „aus der Tiefe des Raumes kam.“ Der damalige Literaturchef der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), Karl Heinz Bohrer, hat mit diesem Satz den Mythos vom 3:1-Sieg der deutschen Nationalmannschaft 1972 im Londoner Wembley-Stadion, dem Günter Netzer den Stempel aufdrückte, manifestiert. Der Satz ist in den deutschen Zitatenschatz eingegangen und steht in der Fußballgeschichte direkt neben „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen…“ des 54er-Reporters Herbert Zimmermann.

Nicht nur auf dem Platz Gestalter: Günter Netzer fungierte schon als Spieler auch als Herausgeber des Stadionmagazins „Fohlen-Echo“.

Sein erster Vertrag: Dem Vertragsspieler Spieler Günter Netzer wird eine feste monatliche Entschädigung von 160,- DM zugesichert, für jedes Spiel in der ersten Mannschaft sowie beim Mitwirken in der Reservemannschaft erhält er eine Spielzulage von 10,- DM. Hinzu kommen Leistungszulagen, sprich Siegprämien, die aber den Höchstbetrag von monatlich 400,- DM nicht überschreiten dürfen. Zahlen, die einem heute wie aus einer anderen Welt vorkommen!

Holstein Kiel, SSV Reutlingen und Wormatia Worms hießen Gladbachs Gegner in der Aufstiegsrunde 1965. In sechs Spielen mussten sich Günter Netzer & Co nur einmal (beim 2:4 in Kiel) geschlagen geben. Nach einem 1:1 im letzten Spiel auf dem Bökelberg gegen Worms, bei dem Netzer nach 70 Minuten die Wormser Führung ausgleichen konnte, war der Sprung in die Bundesliga geschafft. Schon in dieser Runde zeigte sich die Offensive der jungen Mannschaft bei der Wormatia (5:1) und gegen den SSV Reutlingen (7:0) sehr torhungrig.

Die „Fohlen“ vom Bökelberg – die unbekümmerte und wilde Spielweise einer Mannschaft, deren Durchschnittsalter damals bei 21,5 Jahren lag, veranlasste Wilhelm August Hurtmanns, Reporter der „Rheinischen Post“, den Vergleich mit jungen Pferden ins Leben zu rufe. Hurtmanns verfolgte das Team auf Schritt und Tritt, war ganz nah dran an den Borussen und hatte sogar einen Platz im Mannschaftsbus. „Wie junge Fohlen sind die Spieler der Borussia“, beschrieb er als erster das ungestüme Auftreten der Weisweiler-Schützlinge und prägte damit den bis heute gerne verwendeten Begriff „Fohlen-Elf“.

Gleich mehrfach zweistellig haben Weisweilers Schützlinge den Gegner in die Schranken gewiesen – Leidtragende waren am 4. November 1967 auch die Borussen aus Neunkirchen, die am Bökelberg mit 0:10 unter die Räder kamen!

Meistermannschaften: Auch in der Ära nach Weisweiler prägen starke Spielertypen die Borussen aus Gladbach, seien es Torhüter Wolfgang Kleff, die Dänen Ulrik Le Fevre und Allan Simonsen, Winfried Schäfer, Ludwig Müller und Horst Köppel, von denen einige später auch als Trainer Karriere machten.

Sein Aufstieg zum Weltstar und Rekordnationalspieler begann am Bökelberg: Der hochbegabte Heißsporn Lothar Matthäus absolvierte hier seine Lehrjahre. Der Sohn des Hausmeisters aus der Zentrale des fränkischen Sportartikelherstellers Puma kann schon beim Probetraining im März 1979 durch sein kesses und selbstbewusstes Auftreten überzeugen. Dynamik und eine selbst bei Hochgeschwindigkeit perfekte Ballbeherrschung zeichnen ihn ebenso aus wie sein lockeres Mundwerk, das um einen lockeren Spruch nie verlege ist. 1984 wechselt er nach 162 Spielen und 36 Toren zum FC Bayern. Ausgerechnet im letzten Spiel für die Borussia, dem Pokalfinale gegen seinen künftigen Arbeitgeber aus München, verschießt er einen Elfmeter und verhilft den Bayern zum Cup-Sieg. Bei Inter Mailand prägt er mit Freund Andreas Brehme und Jürgen Klinsmann eine Ära, wirkt nach der aktiven Karriere als Trainer bei Rapid Wien, Partizan Belgrad, Red Bull Salzburg, coacht die ungarische und bulgarische Nationalmannschaft. Nur die Chance auf einen Trainerplatz in der Bundesliga bekommt er nie – warum eigentlich nicht? (-jf-)
Fortsetzung folgt morgen!