Berlin, Berlin, wir siegen in Berlin!

Aus Borussias traditionsreicher Geschichte: 1967 schafften die Borussen als erste Mannschaft der Bundesliga-Geschichte den direkten Wiederaufstieg / Rekordkulisse im Olympiastadion: 70.000 sahen Borussias 2:1 bei der Hertha

Sonne, Sommer, Aufstiegszeit! Was heute die Relegationsspiele sind, waren anno dazumal die berühmt-berüchtigten Aufstiegsrunden. Gleißende Hitze, proppenvolle Stadien, hochofenähnliche Temperaturen auf den Plätzen waren an der Tagesordnung. Gleich viermal (1964, 1967, 1971, 1972 und 1974) nahmen die Borussen an den Qualifikationsrunden um den Aufstieg in die Bundesliga teil, bei den ersten beiden Malen gelang der Sprung in die höchste deutsche Spielklasse. Legendär sind die Spiele von 1964, in denen die Borussen den damaligen Emporkömmling und heutigen Rekordmeister FC Bayern München mit Franz Beckenbauer und Sepp Maier düpierten und zu einer weiteren unerwarteten „Ehrenrunde“ in der Regionalliga verdonnerten.

Was nicht viele wissen: 1967 war Borussia in der Geschichte der Bundesliga die erste Mannschaft, die nach einem Abstieg den direkten Wiederaufstieg schaffte. Allerdings nur für ein Jahr – schon im Sommer 1968 hieß es wieder: Zurück in die Regionalliga. Borussia war also sowas wie die erste „Fahrstuhlmannschaft“ im deutschen Fußball. Einen ganz entscheidenden Schritt zum Aufstieg 1967 machten die Borussen exakt heute vor 56 Jahren: Am 4. Juni 1967 gelang ein 2:1-Sieg im Olympiastadion bei Hertha BSC Berlin!

Nach einem 2:1 gegen Arminia Hannover, dem 2:5 bei Bayern Hof und dem 2:0 im Ellenfeld gegen Schwarz-Weiß Essen waren die Borussen mit 4:2-Punkten als Tabellenführer der Gruppe 1 nach Berlin gereist. Die Hertha hatte zuvor in Hannover 1:1 gespielt, Bayern Hof 2:0 geschlagen, aber am Essener Uhlenkrug mit 2:3 eine bittere Niederlage einstecken müssen. Dennoch war die Stimmung beim Berliner Meister im Trainingsquartier Schloß Glienicke gut, denn die Tabellensituation war dermaßen eng, dass nahezu alle Mannschaften noch Aufstiegschancen hatten. Die Borussen, die als Außenseiter in die Runde gestartet waren, hatten bei ihren Gastspielen zuvor in zwei Bundesliga-Jahren weder bei Hertha BSC (1:1) noch Tasmania (1:2) gewinnen können.

Berliner Szenen vor imposanter Kulisse: Borussias Keeper Horst Kirsch riskiert außerhalb des Fünf-Meter-Raums Kopf und Kragen, um sein Team vor einem Gegentor zu bewahren, während die Verteidiger Leist und Czernotzky (links) in Tornähe den verwaisten Kasten absichern (Bild oben). Borussias Stürmer Ludwig Lang wird von Berlins Verteidiger Hans Eder „ausgehebelt“ (Bild unten). (Fotos: 90 Minuten – Mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Von nahezu 70.000 (!) stimmgewaltigen Fans wurden die Mannen des legendären Trainers „Fiffi“ Kronsbein leidenschaftlich angefeuert – die Hertha wollte nach dem Zwangsabstieg (das DFB-Sportgericht hatte die Berliner wegen des Verstoßes gegen das Bundesliga-Statut in die Regionalloga strafversetzt!) unbedingt wieder in der „bel etage“ des deutschen Fußballs vertreten sein! Doch eine enorm nervenstarke Borussia agierte im Duell zwischen der größten (Berlin) und der kleinsten Bundesligastadt (Neunkirchen) der 60er Jahre im Hexenkessel Olympiastadion kalt wie eine Hundeschnauze, zeigte auch die bessere Spielanlage, profitierte aber gleich zweimal von Berliner Fehlern: Altendorff wollte Gayer völlig unötig umspielen, verlor den Ball – die Borussen führten früh (10.) 0:1! Sechs Minuten vor dem Abpfiff ein sinnloses Dribbling von Eder, der den Ball an Jürgen Pontes verlor – 1:2, die Entscheidung (84.)! Zuvor hatte Hertha-Legende Helmut Faeder mit seinem Ausgleichstor (65.) den Hoffnungsfunken für die Hertha wieder entzündet, doch Borussias Torhüter Horst Kirsch fand zu alter Form zurück und verdiente sich mit vielen Paraden im Olympiastadion den Ehrennamen „Schwarzer Panther“! „Wir sind maßlos enttäuscht“, so Hertha-Coach Helmut Kronsbein erbittert. Sein Gegenüber Zeljko Cajkovski hatte vom Gegner mehr erwartet: „Der Angriff der Hertha bot nichts, was einen Erfolg gerechtfertigt hätte.“

Nach vier Runden segelte das saarländische Flaggschiff Borussia zur „Halbzeit“ der Aufstiegsrunde voll auf Aufstiegskurs. Nach einem 4:3 in Hannover und einem 4:0 gegen Bayern Hof vor 33.000 Zuschauern im überfüllten Ellenfeld war am Mittwoch, dem 21. Juni 1967 durch das 1:1 in Essen die Rückkehr in die Bundesliga perfekt – daran konnte auch die 0:1-Heimniederlage im letzten Spiel der Runde zuhause gegen die Hertha nichts mehr ändern! (-jf-)

Für die Borussia spielten im Olympiastadion: Horst Kirsch – Peter Czernotzky, Erich Leist, Gerd Regitz, Wolfgang Gayer, Erich Hermesdorf, Dieter Schock, Günter Kuntz, Ludwig Lang, Hans Linsenmaier, Jürgen Pontes. Hertha-Trainer „Fiffi“ Kronsbein hatte folgende Elf aufs Feld geschickt: Hans-Jürgen Krumnow, Hans Eder, Peter Enders, Lothar Groß, Ivan Sangulin, Hans-Günter Schimöller, Hans-Joachim Altendorff, Helmut Faeder, Werner Ipta, Michael Krampitz, Reinhardt Lindner.

Unsere Bilder zeigen Ausschnitte aus dem Programmheft vom 4. Juni 1967.

4 Kommentare

  1. Wir sollten die Realität annehmen, nicht traurig sein, dass diese schönen Momente vorbei sind (das ist der Lauf der Zeit!), sondern dankbar, dass wir sie hatten! Aber auch Saarlandliga kann schon sein, gerade in heutigen Zeit, wo es im Profifußball nur noch um die Kohle und absurde Gehälter geht!

  2. .. Hallo Jo Frisch .. deine Kommentare sind „bundesligareif“ .. dein letzter Kommentar ist leider zutreffend .. JEDOCH sollte sich Borussia nicht „ewig“ mit der Saarlandliga vertraut machen .. irgendwann spielt man dann vor 30 Zuschauern .. wir Neinkerjer wollen im Ellenfeld höherklassischen Fussball erleben .. aber dafür fehlt ein Sponsor .. ein wirtschaftlich und sportlich aufgestellter Vorstand .. eine gute Truppe .. und eine erstklassige Nachwuchsarbeit inkl. 2.Mannschaft ..

    .. Naja, wir Neinkerjer können nächste Saison ein paar Kilometer weiter über den Zaun schauen und sehen Mannschaften wie:
    Hertha, HSV, FCK, KSC, Hannover, Hansa Rostock und.s.w.

    .. soviel zur aktuellen Zeit und der Nostalgie ..

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