Niemals geht man so ganz

Borussia verabschiedet morgen vor dem Spiel gegen Mönchengladbach sechs Spieler

Es geht schon unter die Haut, wenn Ella Endlich zusammen mit Florian Silbereisen und Patrizio Buanne vom Abschied singt: „Niemals geht man so ganz, irgendwas von dir bleibt hier, es hat seinen Platz immer bei mir.“ Das gilt ganz sicher auch für die Borussen, die am morgigen Freitag anlässlich des Benefizspiels gegen Borussia Mönchengladbach aus unterschiedlichen Gründen dem Ellenfeld „Adieu“ sagen: Sebastian Kelm, Simon Schreibeisen, Alexander Schmieden, Lennart Niederländer und Ralph Smith werden in der kommenden Saison nicht mehr das Borussen-Trikot tragen. Lukas Hoffmann wird ebenfalls verabschiedet, aber nur in eine gesundheitlich bedingte Pause. „Sein Spielrecht bleibt bei der Borussia“, erklärt Jan Berger. Borussias Coach gibt aber zu, „dass wir insgesamt Persönlichkeiten verlieren.“

Für Sebastian Kelm (Foto oben/-jf-) werden in Zukunft Beruf und Gesundheit im Vordergrund stehen. Der 28jährige Torwart, der im vergangenen Sommer vom VfR Baumholder zur Borussia gestoßen war, ist familiär durch die Borussen-Begeisterung seines Vaters, Professor Dr. Jens Kelm, stark geprägt und empfindet es deshalb als etwas ganz Besonderes, „hier im Ellenfeld gespielt zu haben, wo ich als kleiner Junge oft mit dem Vater zusammen war.“ Der angehende Gymnasiallehrer für Sport und Erdkunde hat im Laufe seines Referendariats am Studienseminar in Kaiserslautern gemerkt, „dass für den Fußball leider nicht mehr so viel Zeit bleibt, um auf hohem Niveau weiterzumachen.“ Nach den Sommerferien geht es in die Prüfungsphase mit weiteren Unterrichtsbesuchen und Lehrproben. „Das ist in der bisherigen Form mit dreimal Training unter der Woche und Spiel am Wochenende nicht mehr vereinbar.“ Die Entscheidung, kürzer zu treten, erleichtert haben Sebastian Kelm die erheblichen Rückenprobleme, die ihn seit geraumer Zeit plagen und ihn zu einer Bandscheiben-OP gezwungen haben. Vom Ellenfeld verabschiedet er sich mit gemischten Gefühlen: „Denn am Anfang lief es richtig gut für mich, dann haben mich die Verletzungen regelrecht ausgebremst.“ Trotzdem will Sebastian Kelm dem runden Leder verbunden bleiben, doch „in reduzierter Form“.

Den gesundheitlichen Aspekt hebt auch Simon Schreibeisen (Foto oben/-jf-) heraus. Der 23jährige gibt unumwunden zu, „dass mir der Abschied aus Neunkirchen sehr, sehr schwerfällt. Eigentlich will ich gar nicht weg, denn ich fühle mich bei der Borussia sauwohl. Aber ich muss Vernunft walten lassen.“ Was er damit meint: In seinem Beruf als Metallbauer stark eingespannt, konnte er in den vergangenen Monaten nur wenig trainieren. „Der Stress war enorm groß“, hat er festgestellt, und wird nicht weniger, da er demnächst ein neues berufliches Projekt angehen möchte. Hinzu kam die Entfernung von seinem Heimat Ort Perl-Besch – zwei Stunden Fahrt kamen zu jedem Training und Spiel on top obendrauf. Die zahlreichen Verletzungen, zuletzt der Kreuzbandriss, interpretiert Simon Schreibeisen so denn auch „als Signal meines Körpers, der mir raten will, langsamer zu machen, auch wenn es sehr weh tut. Denn einen solchen Teamspirit, solche Fans und so engagierte Leute im Verein erlebst du nicht alle Tage.“ Bei der SG Perl-Besch, von der er 2021 ins Ellenfeld gekommen war, will er noch ein bisschen weiterkicken, „aber mit deutlich weniger Aufwand als bisher.“

Lukas Hoffmann (Foto oben/-jf-) geht es ebenfalls um das körperliche Wohlergehen. Der athletische Innenverteidiger hat eine bewegte Karriere hinter sich, die ihn über Homburg, Saarbrücken, Hoffenheim, Ulm und Freiberg wieder zurück nach Homburg geführt hatte. Von dort kam er dann im vergangenen Sommer ins Ellenfeld und erwies sich als Top-Verstärkung. Mit 33 Spielen ist er Borussias „Dauerbrenner“ der abgelaufenen Saison – kein anderer hat so viele Spielminuten aufzuweisen wie der 28jährige, der aber zuletzt immer häufiger auf die Zähne beißen musste: Die Folgen seines Totalschadens am Knie, den er sich im Trikot des FC Homburg zugezogen hatten, machen ihm zu schaffen: „Kreuzband, Meniskus und Knorpel waren erheblich in Mitleidenschaft gezogen“, sagt Lukas Hoffmann. Probleme, die natürlich auch für seinen körperlich anstrengenden Beruf als Maurer- und Betonbauer-Meister keine optimalen Voraussetzungen darstellen. „Nach einem Spiel brauche ich mittlerweile ein paar Tage Pause.“ Mit eine Ursache auch der Kunstrasen. „Nach der Partie vor ein paar Wochen beim FC Homburg auf dem Naturrasen des Waldstadions hatte ich deutlich weniger Schmerzen“, weiß er zu berichten. Die Hoffnung, doch noch mal für die Borussia aufzulaufen, hat er derweil nicht verloren: „Ich fühle mich trotz der Knieprobleme fit. Eine kleine Pause wird mir guttun.“

Die Prioritäten anders setzen will Alexander Schmieden (Foto oben/-jf-). „Das hat sicher auch etwas mit der für mich unglücklich verlaufenen Rückrunde zu tun, in der ich mit meinen Einsatzzeiten einfach nicht zufrieden sein konnte. Bis zum Reisbach-Spiel in elf Partien nur insgesamt 31 Minuten – das ist mir einfach zu wenig gewesen, zumal ich als Sportsmann und Wettbewerbsspieler immer im Training und Spiel alles reingelegt habe, um zu zeigen, dass ich der Mannschaft weiterhelfen kann“, erklärt der studierte Sportökonom, der sich nach zeitaufwendiger Ausbildung zum Osteopathen und Heilpraktiker um den Aufbau einer eigenen Praxis bemühen will und zu dem seiner „großartigen Familie und dem Privatleben“ mehr Zeit widmen möchte. Dennoch blickt Alexander Schmieden positiv zurück: „Ich habe die Zeit im Ellenfeld sehr genossen und bin dankbar, hier so viele tolle Menschen kennengelernt zu haben.“ Trotz zahlreicher Angebote anderer Vereine strebt Alexander Schmieden zunächst eine Auszeit vom Fußball an: „Ich will ein bisschen Distanz bekommen. Wenn es nach sechs Monaten dann nochmal kribbelt, ist eine Rückkehr durchaus vorstellbar. Wie heißt es so schön: Man soll niemals nie sagen.“

Ralph Smith (Foto oben/-jf-) dagegen pausiert nicht, sondern wird in der kommenden Saison mit seinem neuen Verein Rot Weiß Hasborn, der am gestrigen Mittwoch durch den 3:0 gegen die SG Mettlach-Merzig dem Abstieg endgültig entronnen ist, ins Ellenfeld zurückkehren. Der 31jährige Mittelfeldspieler, in der U17 und U19 des 1. FC Kaiserslautern ausgebildet, war im Sommer 2023 vom FC Freisen zur Borussia gewechselt, 36 Spiele und 4 Tore stehen in seiner Bilanz. Auch er hätte gerne mehr gespielt, „aber das Leben, auch das eines Fußballers, ist nun mal kein Wunschkonzert“, sagt der 31jährige zweifache Familienvater, der aus seinen zwei Jahren Ellenfeld viel Positives mitnimmt: „Die Zeit hier war eine tolle Erfahrung. Ich wurde sehr gut aufgenommen, die Fans haben uns als Mannschaft durch die Saison hindurch getragen und auch mich persönlich durch manches Lob immer wieder motiviert. Außerdem habe ich hier gelernt, dass man nicht so schnell aufgeben soll.“ In Hasborn hofft Ralph Smith, öfter zum Zuge zu kommen. Was auch gut passieren kann, denn egal ob der Mittelfeldspieler in der Startelf stand oder auch eingewechselt wurde: Er hat immer sein Herz auf dem Platz gelassen!

Eine Chance ganz anderer Art bietet sich für den sechsten Abgänger der Borussia: Lennart Niederländer (Foto oben/-jf-) hat ein Stipendium bekommen und wird studienbedingt in die USA (New Orleans) gehen. „Ein solches Angebot bekommt man nicht alle Tage“, so der 19jährige, der damit Alexander Velikov über den Teich folgt, der im vergangenen Sommer ebenfalls ein Studium in den USA aufgenommen hat. Die Sommervorbereitung wird Lennart Niederländer noch mitmachen, Ende August hebt dann der Flieger ab. Was nimmt er mit aus seiner kurzen Zeit im Ellenfeld, in der er seit seinem Kommen in der Winterpause jedes Spiel bestritten hat (14 Spiele, drei Tore) und seine hohe Veranlagung auf dem Platz zeigen konnte? „Ich habe noch nie einen solchen Zusammenhalt erlebt wie in dieser Mannschaft. Es hat unheimlich Spaß gemacht, hier zu spielen, und ich in froh, dass ich mich im Winter entschieden habe, ins Ellenfeld zu kommen“, sagt der Mann, der Trainer Jan Berger aus gemeinsamen Zeiten in der Jugend beim 1. FC Saarbrücken kennt und später mit der U19 des FSV Mainz A-Jugend-Bundesliga gespielt hat. Ab September wird Lenny, wie er von seinen Mannschaftskameraden gerufen wird, dann beim Uni Team „Xavier Gold Rush“ seine Fußballkünste beweisen können. Dort wird er seinen Horizont erweitern und mit Fußballern aus aller Herren Länder zusammen spielen: „Man bekommt auf diese Weise die ganze Welt zu sehen.“ Und was wird danach? Da ist der junge Mittelfeldspieler ganz realistisch: „Eine Rückkehr ins Ellenfeld wäre natürlich cool, aber wer weiß das heute schon?“

Borussia bedankt sich bei allen Spielern, die jetzt den Verein verlassen, ob zu anderen Clubs oder einfach nur in eine schöpferische Pause, ganz herzlich für das herausragende Engagement auf und neben dem Platz: Ihr habt ein großes Borussen-Herz gezeigt und zum tollen Teamspirit einen wesentlichen Teil beigetragen! „Niemals geht man so ganz, irgendwas von Euch bleibt hier. Es hat seinen Platz immer bei uns.“ Deshalb sollt Ihr wissen, dass Ihr im Ellenfeld jederzeit herzlich willkommen seid. Eine würdige Verabschiedung vor großer Kulisse morgen im Rahmen des Spiels gegen Borussia Mönchengladbach habt Ihr Euch redlich verdient. (-jf-)