Heute vor 60 Jahren: Rekordbesuch im Ellenfeld gegen den 1. FCK

Aus Borussias Historie: Am 19. April 1959 errangen Karl Ringel & Co. mit einem 4:2 gegen die Roten Teufel die Vizemeisterschaft / Borussia erstmals für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft qualifziert

Unser Bild: Überfüllter Mantes-La-Ville Platz – Menschen und Autos soweit das Auge reicht anlässlich des Gastspiels der Walter-Mannschaft 1959 im Ellenfeld. (Archivfoto: 100 Jahre Ellenfeld-Stadion)19. April 1959. Die Spannung rund um das Ellenfeld-Stadion lag förmlich in der Luft. Borussia wartete auf das Eintreffen des 1. FC Kaiserslautern – mit drei Weltmeistern von 1954: Werner Liebrich, Horst Eckel und Fritz Walter, der seine Karriere wenige Wochen später beenden sollte. Nicht nur das: Am vorletzten Spieltag der Saison in der Oberliga Südwest, damals erste Liga, konnte bereits die Entscheidung fallen, wer hinter dem schon feststehenden Meister FK Pirmasens sich als Vizemeister für das Entscheidungsspiel um die Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft qualifiziert. Bei Sieg oder Unentschieden würde es die Borussia schaffen – diese Voraussetzungen sorgten für einen Besucheransturm im alten Ellenfeld, wie man ihn zuvor noch nicht gesehen hatte. Schon im Vorverkauf waren mehr als 20.000 Karten abgesetzt. Fast 25.000 waren es am Ende, die sich auf den überfüllten Rängen zusammendrängten wie die vielzitierten Sardinen in der Dose. „120 Polizisten waren im Einsatz – aber nur für den Autoverkehr“, betont Borussias Archivar Prof. Dr. Jens Kelm, der in seinem Buch „100 Jahre Ellenfeld“ dem Spektakel einen besonderen Beitrag gewidmet hat.

Spektakel – dieser Ausdruck beschreibt am besten, was sich an diesem trüben April-Sonntag im und rund um das Ellenfeld abspielte. Schon ab 12.00 Uhr zogen „ununterbrochene Menschenschlangen aus allen Straßen zum Stadion und bildeten eine nie abreißende Prozession von Männern in Mänteln und Regenschirmen“, ist in der „Saarbrücker Zeitung“ nachzulesen. Zur Koordination der Verkehrsströme hatte die Polizei, die durch Beamte aus Völklingen und Saarbrücken unterstützt wurde, in den Geschäftsräumen der Borussia eine Bedarfszentrale eingerichtet, die über Funk mit den in einzelne Parksektoren eingeteilten Stadtvierteln in Verbindung stand und während des Einsatzes mit Polizeirat, Haupt- und Oberkommissar besetzt war. „Lediglich die Neunkircher Straßenbahn schwächelte, denn auf der Scheib war eine Leitung gerissen, so dass kurzfristig die Beförderung der Fans zum Ellenfeld durch Omnibusse übernommen werden musste“, weiß Jens Kelm.

Vor dem Anpfiff erlebten die Borussen-Spieler Werner Emser und Ewald Follmann noch eine besondere Ehrung für ihren 500. Einsatz im schwarz-weißen Trikot der Borussia. Schwarze Hose, weißes Trikot mit schwarzem Brustring – so liefen die Borussen denn auch gegen die Roten Teufel unter dem tosenden Beifall der Menge aufs Spielfeld. Dort gaben zunächst die Gäste den Takt an und gingen durch den flinken Willi Wenzel früh in Führung (7.). Doch Borussia, die bereits das Hinspiel auf dem Betzenberg mit 3:1 gewonnen hatte, zeigte sich unbeeindruckt und konterte mit dem schnellen Ausgleich durch Karl Ringel. Dann waren wieder die Pfälzer an der Reihe – Glück für Borussia, dass Seppl Frisch bei einem Freistoß von Fritz Walter kurz vor der Torlinie per Kopf einen erneuten Rückstand zu verhindern wusste. In den letzten Minuten vor dem Pausenpfiff des FIFA-Schiedsrichters Josef Kandlbinder aus Regensburg bekamen die Borussen wieder Oberwasser – der Lohn: Rudi Dörrenbächers 2:1-Führung nach ansehnlichem Kombinationsspiel mit Karl Ringel.

Ladislav Jirasek im Borussen-Tor sah sich vor allem nach der Pause zahlreichen Offensivaktionen der roten Teufel (dunkle Trikots) ausgesetzt, die Borussen aber hielten dagegen und konterten den Gast geschickt aus. (Foto: 100 Jahre Ellenfeld)

Auch nach der Pause wogte das Geschehen auf dem grünen Rasen hin und her. Ewald Follmann musste bei einem Schuss von Fritz Walter, der per Freistoß von Werner Liebrich bedient worden war, erneut Kopf und Kragen riskieren und wehrte auf der Linie ab. Die Borussen konterten geschickt – die Folge: Werner Emser netzte nach dem sechsten Eckball per Kopf zum 3:1 ein. Das stachelte die Gäste aber noch mehr an, die jetzt „mit temperamentvollen Angriffen zum Generalangriff bliesen“ (SZ). Nachdem Keeper Ladislav Jirasek nach 74 Minuten noch einmal einen Fritz-Walter-Freistoß per Fußabwehr entschärfen konnte, war es Kapitän Karl Ringel, der mit einer Einzelleistung das 4:1 erzielte und damit „den Sack zumachte“ (84.). Der Torschütze zum zweiten Lauterer Anschlusstreffer machte seinem Namen dann alle Ehre: Als Friedel Späth nach 89 Minuten zum 2:4 traf, war es in der Tat zu spät für die Roten Teufel. Borussia sicherte sich (mit am Ende vier Zählern Vorsprung vor dem 1. FCK) die Vizemeisterschaft und durfte erstmals an der Finalrunde um die Deutsche Meisterschaft teilnehmen. Ganz Neunkirchen war stolz auf seine Borussia!

Trainer Bernd Oles hatte gegen die Roten Teufel folgender Mannschaft sein Vertrauen geschenkt: Ladislav Jirasek – Seppl Frisch, Erich Leist, Dieter Ding, Gerd Lauck, Dieter Harig, Ewald Follmann, Horst Meurer, Rudi Dörrenbächer, Karl Ringel, Werner Emser. Sein Lauterer Kollege Richard Schneider hatte aufs Feld geschickt: Willi Hölz – Gerd Miksa, Werner Mangold, Horst Eckel, Werner Liebrich, Heini Bauer, Rudi Kraft, Friedel Späth, Fritz Walter, Willi Wenzel, Erwin Scheffler. (-jf-)

2 Kommentare

  1. Man könnte heulen,wenn man den tollen Bericht liest.Es waren die Jahre,wo Borussen Fans zur Borussenfamilie wurden.Doch wie bei so vielen Traditionsvereinen,bleibt nur die Erinnerung,an Jahrzehnte von begeisterten Fussball,im alt ehrwürdigen Ellenfeld.

  2. Wunderschöne Zeit. Alle persönlich gekannt. In meinern Gedanken leben die bereits Verstorbenen weiter. Dem FCK wird es leider genauso ergehen wie der Borussia. Bitter, aber nicht aufzuhalten.

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