Der Appetit kam beim Essen

Fundstücke (11): Jahrbuch des Fußballs / Kleine Serie: Borussia in der Regionalliga Spdwest 1966/67 / Teil 3: Meistertitel in einer spielstarken Liga – die meisten Punktverluste gegen Saarclubs!

Was nach dem umjubelten Sieg im Ludwigspark noch folgte, war eher Formsache. Bellheim wurde im Ellenfeld mit 6:1 abgefertigt, nach einem 2:0 gegen Südwest Ludwigshafen war mit vier Punkten Vorsprung sowie dem ausgezeichneten Torverhältnis zumindest Platz zwei und damit die Teilnahme an der Aufstiegsrunde sicher. Die vorweggenommene und „eben im Neunkircher Stil gründliche Siegesfeier“ (Jahrbuch) hatte zwar eine miserable Leistung samt einer 0:3-Schlappe beim SV Alsenborn zur Folge, doch die Borussen rückten das Missgeschick zum Saisonfinale gegen Saar 05 wieder zurecht und holten sich mit einem 3:2 den Meistertitel. Dass die anschließende Aufstiegsrunde gegen Bayern Hof, Arminia Hannover, Schwarz-Weiß Essen und Hertha BSC die Borussen wieder zurück in die Bundesliga spülte, war das Sahnehäubchen auf eine Saison, die so zäh begonnen hatte. „Der Appetit kam beim Essen: Je länger die Erfolgskette geschmiedet wurde, desto konzentrierter wurden die Aufgaben angegangen“, bilanziert das Fußballjahrbuch.

Keine Schützenhilfe durch die Saar-Clubs: Nach der 1:2-Hinspiel-Niederlage konnten die Borussen auch im Ellenfeld gegen den Rivalen aus der Saarpfalz nicht gewinnen. „In der letzten halben Stunde war es ein Tanz auf dem Vulkan. Hombrgs Strafraum war der Krater, aus dem sich die glühenden Lavaströme ergossen und Neunkirchens Angriffe unter sich erstickten. Borussia rannte immer wieder dagegen an, ständig, pausenlos … und vergeblich. Die Festung Homburg wurde nicht sturmreif“, berichtet die „Saarbrücker Zeitung“. Auch Borussen-Stürmer Ludwig Lang (ainks) beißt sich in dieser Szene am Homburger Abwehrbollwerk die Zähne aus. Endstand: 1:1. (Foto: 90 Minuten – mit Ferdi Hartung in die Bundesliga)

Borussias erfolgreiche Spielzeit inklusive Rückkehr in die Bundesliga lässt bei den Autoren auch die Frage nach der Leistungsfähigkeit des Südwestfußballs stellen. Die Antwort: „Sie ist günstig! Wenn etwa Pirmasens gegen Aachen spielt oder Ludwigshafen gegen Waldhof, so ist kein Unterschied festzustellen. Zeljko Cajkovski, der zuvor die Fürther Kleeblätter trainierte, behauptete in einem Vergleich mit dem Süden: `Der Südwesten wirkt kampfstärker, forscher, im oberen Tabellenteil wird hartnäckiger gespielt. Eine so gute Mannschaft wie Pirmasens rangiert hier unter ferner liefen, im Süden stünde sie mit an der Spitze.´ Horst Knefler, ehrgeiziger Trainer von Saar 05, stößt in ein ähnliches Horn: ´Unsere acht Besten würden mit dem Westen ebenbürtig konkurrieren, in direkten Vergleichsspielen mit dem Süden knapp, mit dem Norden deutlich besser abschneiden!“ Was aus Kneflers Munde wie Eigenlob klingen und nach rosaroter Südwestbrille aussehen mag, wird aber von den Bundesligatrainern Buhtz (Hannover) und Johannsen (Braunschweig) unterstrichen. Sie arbeiteten beide schon im Südwesten, lassen keinen möglichen Spielbesuch auf anderer Ebene aus, sind ausgewogen in ihrem Urteil. Buhtz, der Nordspiele bei Arminia Hannover verfolgte: ´Die reinere Klasse steckt im Südwesten!´“

Was den Analysten des Fußballjahrbuches weiter auffiel: „Gerade das Beispiel Neunkirchen räumt gründlich mit dem Märchen auf, die Vereine aus gemeinsamen Landesverbänden würden sich untereinander Schützenhilfe leisten. Borussia hat relativ die meisten Punkte gegen Saarvereine verloren, hatte in der internen Konkurrenz die schärfsten Rivalen. Nur gegen zwei Vereine gelang kein Sieg: Gegen Homburg (1:1/1:2) und Völklingen (0:0/1:2).“

Über die finanziellen Verhältnisse steht zu lesen: „Wenn auch die Berliner in das eigentliche Armenhaus des deutschen Fußballs eingezogen sind, so nagt auch weiterhin ein Teil der Südwestvereine am Hungertuch.“ Hauptursächlich sei die Finanzpolitik, die dazu führe, dass mit Blick auf das Erreichen der Aufstiegsrunde, bei zahlreichen Clubs, „auch Vereinen mit mittlerem Leistungsstand, teure Fremdeinkäufe statt Nachwuchsförderung Löcher in den Beutel reißen.“ Dennoch sei im Schnitt etwas sparsamer gewirtschaftet worden: „Häufig ist man dazu übergegangen, das Grundgehalt in bescheidenem Rahmen zu halten, dafür aber mit ansehnlichen Prämien zu reizen. Diese Modalität verursachte in Neunkirchen Unkosten bis in rote Zahlen hinein, als die Mannschaft so langfristig siegte und Platz 1 behauptete. Borussia rationalisierte daraufhin tüchtig, entblößte zum Beispiel die Geschäftsstelle personell bis auf den Geschäftsführer.“ Dabei seien die Besucherzahlen insgesamt gestiegen, die Steigerung liege auch an der Rückkehr der Borussia: „Neunkirchen selbst hatte oft zwischen 10.000 und 25.000 Zuschauer. Wie erst klingelte es in den Kassen des 1.FCS, als dort Borussia auftauchte? Und dennoch war der Geldregen der 40.000 nicht warm genug, restlos alle Schulden zu tilgen. Die 40.000 sorgten aber unversehens für einen bessere Schnitt als 1965/66 und für zufriedene Vorstandsmienen.“

In den „Schwarz-Weißen Blättern“ hatte Borussias Schriftführer Erich Manz zu Saisonbeginn den Hoffnungen auf einen direkten Wiederaufstieg Worte verliehen. „Es ist bereits gelungen, eine Mannschaft zu formieren, von der man sich die Erfüllung der Hoffnungen verspricht“, hatte er mit Blick auf das Intertoto-Spiel gegen den Deutschen Meister von 1965, Werder Bremen, geschrieben. Und weiter: „Im Spiel, das mit 4:1 im Ellenfeld gewonnen wurde, konnte man den ersten Eindruck über das Leistungsvermögen unserer neuen Mannschaft gewinnen.“ Die neue Borussen-Mannschaft verlor – gemeinsam mit ihrem Trainer Zlejko Cajkovski – trotz  Startschwierigkeiten das große Ziel nicht aus den Augen und kehrte ein Jahr nach dem schmerzlichen Abstieg wieder in die Bundesliga zurück. (-jf-)

In der letzten Folge: Statistika aus der Borussen-Saison 1966/67 in der Regionalliga Südwest

1 Kommentar

  1. Wann kommt Borussia Neunkirchen wieder in die 1.Bundesliga in den nächsten 10 bis 15 Jahren bei Kontinuierlichem Aufbau mit einem guten Management wird das gelingen. Grüße Uwe Ullrich schon länger ein Fan von VfB Borussia Neunkirchen Saar ich komme von Stadt Wiesbaden -Biebrich

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