Worte und Bilder als Mutmacher für eine gute Zukunft

SR-Sportarena extra präsentierte besondere Menschen und Momente aus Borussias 115 Jahre alter Historie

„Manchmal streift einen ein Flügel der Erinnerung. Ein Luftzug der vergangenen Tage. Ein Hauch glücklicher Momente. Wenn dies passiert, solltest du stehen bleiben und lächeln.“ In Anlehnung an diese Worte eines unbekannten Autors streifte jeden Anhänger der Borussia am gestrigen frühen Abend ein solcher Flügel der Erinnerung, als in einer Sonderausgabe der „Sportarena“ des Saarländischen Rundfunks auf Highlights der 115jährigen Geschichte des Traditionsvereins aus dem Ellenfeld zurückgeblickt wurde. Direkt am „Eisenmann“ unterhalb von Block 5 begrüßte SR-Moderator Thomas Braml die Zuschauer zu 30 Minuten Fußball in der Hüttenstadt: „Auch wenn es sportlich ruhiger geworden ist – die Borussia ist ja nicht mehr im überregionalen Fußball vertreten, sondern spielt in der Saarlandliga – , sie ist ein ganz besonderer Verein mit einer großen Vergangenheit. Ich lade Sie ein, kommen Sie mit mir hinein!“

Im altehrwürdigen Stadion warteten gleich drei ehemalige Spieler der Borussia aus drei ganz verschiedenen Generationen auf den SR-Reporter. Günter Kuntz, der in den 60ern mit der Borussia drei Jahre lang in der Bundesliga spielte, sein Sohn Stefan Kuntz, dessen Karriere im Trikot der Borussia ihren Anfang nahm, und Sascha Purket, der als einer der Erben des legendären Willi Ertz 15 Jahre lang das Tor der Borussia hütete. Im Gespräch mit Thomas Braml schweiften sie zurück in erfolgreiche Zeiten im Ellenfeld und ließen, untermalt durch bewegte Bilder, ihre Erinnerungen an große Spiele ihrer Borussia Revue passieren.

So herrschten im Dezember 1964 bei der Partie gegen Hertha BSC winterliche Bedingungen im Ellenfeld. Schneetreiben und eine zentimeterhohe Schneedecke ließen kein Spiel auf technisch hohem Niveau zu. Zu Gast auf der Tribüne: Bundestrainer Helmut Schön, der mit ansah, wie Nationaltorhüter Wolfgang Fahrian in der zweiten Halbzeit dafür verantwortlich zeichnete, dass die Berliner mit einem glücklichen 2:2 nach Hause fahren durften. Gleich drei Treffer steuerte Günter Kuntz zum 4:2-Sieg gegen den amtierenden Meidericher SV bei, in dessen Reihen Weltmeister Helmut Rahn nur noch ein Schatten vergangener Tage war. Elmar Mays Geschoss aus 35 Metern genau in den Torwinkel würde heute allen Kriterien eines „Tor des Monats“ gerecht.

Auch durften Szenen aus dem „Spiel der Spiele“ nicht fehlen, als die Borussia im Juni 1964 mit einem 2:0-Sieg beim FC Bayern  gegen Sepp Maier, Franz Beckenbauer und Co. den Aufstieg in die Bundesliga schaffte. Keeper Willi Ertz brachte mit seinen Paraden den favorisierten Gastgeber dabei regelrecht zur Verzweiflung. Bilder aus seinem Abschiedsspiel, garniert mit einem Statement vom Borussen-Leo, ließen den leider viel zu früh verstorbenen Borussen-Torhüter noch einmal leibhaftig auferstehen. Die Treffsicherheit von Stefan Kuntz demonstrierten Ausschnitte aus einem Heimspiel der Borussia gegen Eintracht Trier, in dem der heutige Trainer der U21-Nationalmannschaft gleich zwei Elfmeter verwandelte. Ein unbedingtes filmisches Muss: Der Tanz des Jay Jay Okocha bei seinem „Tor des Jahres 1993“, als er – im Trikot der Frankfurter Eintracht – mit fünf Haken in elf Sekunden die gesamte Abwehr des Karlsruher SC inklusive Torwart Oliver Kahn schwindlig spielte. Bestaunen konnte man in Ausschnitten auch zwei Okocha-Tore, die der junge Nigerianer für die Borussia 1992 beim 9:0-Kantersieg gegen Saar 05 erzielte. Schließlich musste im August 1996 Leipzigs Trainer Siggi Held die Kampfkraft der Borussia anerkennen, die am Ende dank der Nervenstärke von Kapitän Dirk Schäfer im Elfmeterschießen mit 6:5 triumphierte und Sascha Purket „definitiv einen Höhepunkt in seiner Karriere“ bescherten.

Mit Torhüter Willi Ertz (oben) und dem Borussen-Leo (unten) kamen zur großen Freude der Zuschauer im SR-Beitrag auch zwei Legendern der Borussia posthum zu Wort.

Was muss die Borussia tun, um wieder auf die Beine zu kommen und halbwegs an alte Zeiten anknüpfen zu können? „Kontinuität und Stabilität, auch im Umfeld“, sind für Sascha Purket unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass es wieder aufwärts geht. Anzeichen dafür sieht Stefan Kuntz im Aufschwung der Jugendabteilung: „Sie bestand vor zwei Jahren noch aus 35 Kindern, jetzt sind es schon über 130. Das ist definitiv der richtige Schritt. Und dann muss mal einer seine Liebe zur Borussia und zum Ellenfeld entdecken, um hier nochmal was zu entwickeln.“ Günter Kuntz spricht von einem „agilen Team, das der Borussia versucht zu helfen. Ich glaube auch, dass das gelingt, und kenne einzelne, die bereit sind, was zu tun. Ich hoffe, dass es dann besser wird.“

„Manchmal streift einen ein Flügel der Erinnerung. Ein Luftzug der vergangenen Tage. Ein Hauch glücklicher Momente. Wenn dies passiert, solltest du stehen bleiben und lächeln.“ Borussia durfte gestern Abend stehen bleiben und lächeln. Und sollte doch jetzt mit Zuversicht weitergehen in eine hoffentlich wieder erfolgreiche Zukunft. (Text und Screenshots: -jf-)

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Bemerkenswerte Zitate aus SR-Sportarena extra

„Ein wunderbares Gefühl, wieder im zweiten Wohnzimmer zu sein. Ich war 15 Jahre bei der Borussia. Da bin ich auch stolz drauf. 15 Jahre im Verein – das gibt es heutzutage nicht mehr. Was ausschlaggebend war? Ich habe mich einfach wohlgefühlt!“ (Der Pfälzer Sascha Purket über seine Zeit im Ellenfeld)

„Die Bundesligazeit meines Vaters ist mir nicht mehr so in Erinnerung. Richtig los mit dem Fußball ging es in den zwei Jahren, als er bei Austria Wien gespielt hat. Da gab es samstags ein Ritual. Man durfte noch an der Donau Auto waschen. Und wenn ich da gut mitgeholfen hatte – meistens musste ich die Felgen sauber machen mit meinen kleinen Händen – , dann haben wir anschließend mit einem blau-weißen Ball an der Donau gespielt. Ab und zu durfte ich auch mal mit ins Training. Die Torhüter haben mich dann mal einen Elfmeter schießen lassen. Als wir wieder zurück in Neunkirchen waren, habe ich gleich bei der Borussia angefangen.“ (Stefan Kuntz über seine ersten Begegnungen mit dem Fußball)

„Wir waren ein starkes Team, hatten eine sehr, sehr gute Kameradschaft. Dass wir ab und zu auch mal gemeinsam ein Bier getrunken haben, hat wahrscheinlich geholfen!“ (Günter Kuntz schmunzelnd über den guten Zusammenhalt der damaligen Bundesligamannschaft)

„Das war ein Spiel, da ist einfach alles gegangen! Egal, was ich gemacht habe – ich habe immer den Ball gehabt. Wenn ich an die Eckfahne gelaufen wäre, hätten sie mich wahrscheinlich an der Eckfahne angeschossen!“ (Willi Ertz über seine phänomenale Leistung im Aufstiegsspiel 1964 beim FC Bayern München)

„Ich würde natürlich rotzfrech sagen: Mit mir wäre er weitergekommen!“ (Stefan Kuntz lachend auf die Frage, wie er als Trainer seinen Vater als Spieler eingeschätzt hätte)

„Angefangen hat das schon beim Platzwart Felix Marx, wo du dir ganz ehrfürchtig die Trikots von der ersten Mannschaft angeschaut hast. Auf dem langen Gang die ersten Kabinen waren E- und D-Jugend, dann kamen C- und B-Jugend, die letzte war für die A-Jugend. Du bist im Gang Stück für Stück dem Lizenzspielerbereich nähergekommen. Und wenn Du dann endlich durch diese Tür gehen durftest und warst im Lizenzspielerbereich – mir ist damals ein Herz aufgegangen. Ich weiß noch genau: Ich hab´ mich aus Versehen auf den Platz gesetzt von Hans Werner Eichhorn, weil er verletzt war. Die haben mir alle gesagt: Der ist verletzt, du kannst dich ruhig dahin setzen. Auf einmal kam er zur Behandlung. Ich bin da hochgesprungen, doch er hat ganz ruhig zu mir gesagt: Kannst ruhig sitzenbleiben, übernimmst meinen Platz sowieso bald!“ (Stefan Kuntz über seinen „Ritterschlag“ in jungen Jahren bei der Borussia)

„Als allererstes hab´ ich mir gedacht: So ´ne Minimaus, die kann doch nicht im Tor stehen! Dann hat er mich aber in allen Bereichen eines Besseren belehrt. Auch als Mensch war er unwahrscheinlich wichtig für die Mannschaft, großes soziales Herz, Integration war bei ihm immer ganz groß geschrieben. Überragender Mensch, überragender Sportler, geile Einstellung zum Job. Solche Menschen bräuchte es mehr heute!“ (Stefan Kuntz über Sascha Purket)

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