„Der Titel von 2005 hatte eine besondere Note!

Borussias frühere Keeper Sascha Purket freut sich enorm auf das Meistertreffen und wirft im Gespräch einen Blick zurück auf turbulente Zeiten

Unser Bild: Zwei Torwartlegenden im Ellenfeld – Sascha Purket (li.) Und Willi Ertz. (Fotos: Thomas Burgardt)

Sascha Purket ist im Ellenfeld zweifellos eine Legende. Der beliebte und sympathische Pfälzer wandelt auf den Spuren der Borussen-Ikone Willi Ertz. Zwischen 1992 und 2007 hat der mittlerweile 53jährige 15 Jahre lang in mehr als 700 Spielen das Tor der Borussia gehütet, übernahm dabei auch als Kapitän Verantwortung. Im Saarland wurde er als einziger Torhüter zum Sportler des Jahres gewählt. Im Ellenfeld-Stadion kennt er jede Betonritze, jeden Stein – und bis zur Rasenrenovierung auch jeden Grashalm. „Das Ellenfeld ist Kult, das Ellenfeld ist mein gefühltes sportliches Wohnzimmer“, hat er einmal in einem Interview gesagt. Immer wieder ist Sascha Purket gerne zu Gast an ehemaliger Wirkungsstätte, erst recht, seit sein Sohn Nico Purket ziemlich genau 30 Jahre nach dem Vater im Sommer 2022 das Borussen-Trikot übergestreift hat.

Als Torwarttrainer war Sascha Purket nach der aktiven Laufbahn sechs Jahre (2007 bis 2013) bei der Trierer Eintracht tätig, ehe es zurück ins Saarland zur SV Elverbserg ging. Dort ist er nun schon im elften Jahr für die Ausbildung der Keeper zuständig. Und hat mit dem Aufstieg in die zweite Liga den bislang größten Erfolg seiner Karriere gefeiert. Doch die größte Herausforderung wartete im vergangenen Jahr auf Sascha Purket, als er die Diagnose Prostata-Krebs erhielt. „Du kriegst in dem Moment vielleicht noch ein, zwei Sätze mit und dann herrscht in deinem Kopf nur noch Leere“, erinnert er sich in einem Beitrag der „Saarbrücker Zeitung“ (SZ) an diesen Moment. Doch Aufgeben galt für den gebürtigen Pfälzer noch nie. Schon einen Tag nach der Operation begann er mit Gymnastik und Treppenlaufen, ein paar Tage später saß er beim Pokalfinale gegen den 1. FC Saarbrücken wieder auf der Bank: „Ich konnte zwar kaum laufen, aber ich musste dabei sein. Fußball ist ein wichtiger Teil meiner Therapie“, bekennt er und ist offen mit der Krankheit umgegangen. Seine Absicht dabei: „Ich möchte wachrütteln, dazu animieren, die Vorsorgeuntersuchungen machen zu lassen.“  In der vielleicht schwierigsten Situation seines Lebens half ihm seine lebensfrohe und optimistische Mentalität – für gute Laune sorgen, dabei auch sich selbst auf die Schippe zu nehmen, das gehört zu seiner DNA und wird sicher auch am morgigen Freitag spürbar sein, wenn Sascha Purket beim Legendenspiel im Ellenfeld aufläuft – zusammen mit Marco Schmit, Ralph Flausse, Roland Rein und Ewald Bucher war er Teil beider Mannschaften, die 2002 und 2005 die letzten Meisterschaften für die Borussia gewannen. Gerne erinnert sich Sascha Purket (SP) an die schönen Zeiten in Borussen-Trikot, die aber auch Schattenseiten hatten, wie er im Gespräch offen und ehrlich erzählt.

Sascha, zunächst die wichtigste Frage: Wie geht es Dir?

SP: Soweit ganz gut. Wenn die vierteljährlichen (Nach)Untersuchungen anstehen, bin ich immer ein bisschen nervös, ob die Werte auch in Ordnung sind. Sicher war die Erkrankung ein großer Einschnitt in meinem Leben, aber es hätte dabei auch schlimmer kommen und in eine andere Richtung gehen können. Meine Frohnatur kommt mir in dieser Situation zugute. Man muss, wie im Sport, einfach wieder aufstehen, wenn man mal gefallen ist! Sich die Frage zu stellen: Warum muss ausgerechnet mir das passieren? – das ist für mich der falsche Ansatz, das hilft nicht weiter. Ich bin bei meinen Ärzten in guten Händen. Die Tätigkeit als Torwarttrainer hilft mir enorm weiter.

Gute-Laune-Bär: Die Frohnatur auf und neben dem Platz ist für Sascha Purket eine wichtige Lebenshilfe!

Du gehörst ja beiden Meistermannschaften an. Welche Erinnerungen hast Du? Welcher Titel war denn der schönere?

SP: Beide Titel waren sehr schön und wurden in für den Verein schwierigen Zeiten errungen. 2002 sind wir ja nach dem Titelgewinn in die Regionalliga aufgestiegen, wo wir dann aber nicht bestehen konnten. Dennoch waren die Auftritte in Bielefeld, Essen, Münster oder Aachen unvergessliche Erlebnisse, wobei wir die Favoriten oft genug ärgern konnten! Finanziell dagegen wurde es düster, das Damoklesschwert der Insolvenz schwebte über dem Verein, das Verfahren wurde dann ja auch 2003 eröffnet. Der Pokalsieg gegen den FC Homburg mit dem anschließenden Glückslos für die erste DFB-Pokalrunde, Bayern München, war da natürlich eine große Hilfe. Dass wir nach überstandener Insolvenz in der Spielzeit 2004/05 so gut im Rennen liegen würden, damit hatte keiner gerechnet! Wir wurden als Mannschaft allerdings schon recht früh darüber unterrichtet, dass die Vereinsführung, sprich Vorstand und Aufsichtsrat, nicht für die Regionalliga melden würde. Darüber waren wir natürlich als Sportler „not amused“, gingen einem doch 34 Regionalligaspiele „durch die Lappen“. Aber wir haben uns als Team zusammengerauft, haben die Flinte nicht ins Korn geworfen und gesagt: „Wir schaffen das trotzdem!“ Die Kameradschaft hat uns zum Titel getragen. Und unser Coach Werner Mörsdorf hat uns im Sinne einer „Jetzt erst recht!“-Mentalität ordentlich motiviert. All das verleiht der Meisterschaft von 2005 eine ganz besondere Note!

Du hast 15 Jahre das Trikot der Borussia getragen, in ruhigeren und unruhigeren Zeiten…

SP: Ja, im Ellenfeld war immer was los, war es eher selten ruhig, oft gab es Stress. Wenn man zum Training fuhr, hat man sich öfter gefragt, was es denn diesmal gibt. Damit muss man umgehen können! Da gibt es nur Liebe oder Hass, bleiben oder gehen – und bei mir ist in all den Jahren eine große Liebe entstanden. Deshalb bin ich auch trotz anderer Angebote nie weggegangen. Das habe ich bis heute nie bereut!

Alte Kameraden: Sascha Purket mit Jupp Henkes (oben), Stefan Kuntz und anderen früheren Teamkollegen (unten). (Foto: Thomas Burgardt)

Und heute bist Du ein paar Kilometer vom Ellenfeld entfernt auch schon seit mehr als 10 Jahren in fester Position als Torwarttrainer.  

SP: Diese Zeit genieße ich einfach. Es ist ein Riesenerlebnis für uns, bei den traditionsreichen Clubs der zweiten Liga in den großen Arenen spielen zu dürfen. Wobei ich ja auch mehrere Aufgaben habe, denn den klassischen Torwarttrainer gibt es nicht mehr. Heute gehören auch Scouting und Video-Analysen dazu. Nach einem Spiel umfasst mein Ablauf zwischen 4 und 6 Stunden Nachbereitung, das heißt konkret: Video-Studium des Torwartverhaltens – wie hat er bei Standards, beim Herauslaufen reagiert? Entsprechende Szenen werden dann zusammengeschnitten und beim Training am nächsten Morgen analysiert. Dabei nehme ich die Jungs auch immer mit ins Boot und frage sie, wie sie die eine oder andere Spielsituation gesehen haben.

Des Öfteren im Ellenfeld zu Gast – der frühere Borussen-Torwart Sascha Purket, Vater von Mittelfeldspieler Nico Purket (hier mit Sportvorstand Gunther Persch). (Foto: -jf-)

Zur Borussia hast Du ja wieder einen engeren Draht, seit Dein Sohn Nico, der vom SV Steinwenden kam, im Ellenfeld spielt. Wie darf man sich Euer Verhältnis vorstellen: Der Vater als Trainer, der Sohn als Spieler – gibt es da Ratschläge oder Besprechungen?

SP: Nico macht sein Ding! Da mische ich mich nicht ein, auch wenn ich beim Spiel dabei war und das eine oder andere beobachten konnte. Wenn er mich um Rat fragt, bekommt er natürlich eine Antwort. Nico fühlt sich bei der Borussia und auf seiner Position sehr wohl.

Eure ganze Familie ist ja fußballbegeistert.

SP: Ja, der Große, Max, ist Torwart, spielt also auf der Position, auf der ich früher gespielt habe. Bei Nico war das eigentlich nie ein Thema war, obwohl er mich im Ellenfeld als kleiner Junge hat spielen sehen. Unsere Tochter Elli spielt ebenfalls Fußball. Das runde Leder ist deshalb ein großes Thema bei uns, kein Tag vergeht ohne Fußball! Als alter Leser des „Kicker-Sportmagazins“ ist man auch immer gut informiert.

Torwart-Trainer bei Eintracht Trier: Sascha Purket mit Coach Werner Weiß, ebenfalls ein Ex-Borusse, und Co-Trainer Thomas Richter (v.l.). (Foto: Thomas Burgardt)

Wie nimmst Du die Borussia und ihre Zukunft wahr?

SP: Die hohe Erwartungshaltung, die es schon zu meiner aktiven Zeit gab, hat sich bis heute kaum geändert, obwohl man die damalige Zeit mit der heutigen eigentlich nicht vergleichen kann. Da hat sich, gerade was die finanziellen Verhältnisse angeht, sehr viel verändert. Ich würde mir für die Borussia natürlich wieder die Oberliga wünschen, aber ob das von der Struktur des Vereins aus betrachtet jetzt schon so gut wäre, steht auf einem anderen Blatt! Ich habe da halt immer noch die Insolvenzzeit im Gedächtnis …

Beim Meistertreffen am morgigen Freitag werden sicher viele Erinnerungen wieder hochkommen. Wirst Du auch auf dem Platz stehen?

SP: Für ein kurzes Intermezzo auf jeden Fall! Aber ich werde bei meinen Aktionen kein Risiko eingehen. Ich freue mich sehr, dass wir uns nach langer Zeit wiedersehen und die alten Zeiten wieder aufleben lassen. Ich empfinde es ein bisschen wie ein Klassentreffen. Julian Müller sind wir, ich glaube da im Namen aller sprechen zu dürfen, sehr dankbar, dass er dieses Wiedersehen jetzt angepackt hat. Gesprochen darüber haben wir schon länger, aber es hat bislang noch keiner in die Hand genommen. Deshalb großen Respekt an Julian, der sich unheimlich reingehängt und engagiert hat. Wir hoffen alle, dass das Spiel den tollen Rahmen bekommt, den es verdient hat. Vielleicht ergibt sich darüber hinaus ja auch die Chance, das Ganze nochmal zu wiederholen!

Sascha, Dir ebenfalls herzlichen Dank für das ehrliche und offene Gespräch! Borussia freut sich sehr, eine Torwartlegende wie Dich noch einmal zwischen den Pfosten erleben zu dürfen – alles Gute, vor allem: Bleib gesund! (-jf-)

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Thomas Burgardt für die schönen Fotos!