Das unglaubliche Pech des Jens Kirchen

Nach zwei Kreuzbandrissen 2014 und 2015 jetzt ein Achillessehnenabriss im Spiel gegen Hasborn / OP noch diese Woche / „Will in Dillingen unbedingt dabei sein und der Mannschaft von außen helfen!“

Unsere Bilder: Freud und Leid für Jens Kirchen – bereits nach einer Spielminute gratuliert Borussias Spielmacher Torschütze Marcel Jung zum 1:0, knapp vier Stunden später kehrt er mit gerissener Achillessehne auf Gehstützen ins Ellenfeld zurück. (Fotos: Jan Sebastian Bach / Tobias Amelong)

Von Jo Frisch

Das Pfingstwochenende hatte sich Jens Kirchen nun wirklich ganz anders vorgestellt: „Der Plan war, mit der Familie ein paar Tage wegzufahren. Doch das hat sich dann schnell erledigt.“ Erledigt schon nach knapp zehn Minuten des Spiels der Borussia gegen Rot-Weiß Hasborn am Samstag. Was war passiert? Borussias Mittelfeldregisseur kann sich genau erinnern: „Nach einem Zweikampf habe ich mich gedreht, wollte loslaufen und habe ganz plötzlich einen massiven Schmerz an der rechten Ferse gespürt – ein Gefühl, als ob mir jemand von hinten in die Achillessehne hineintritt. Ich habe mich umgedreht, aber da war keiner. Beim Fühlen mit der Hand an der Ferse habe ich dann sofort gemerkt, dass da ein Loch ist und die Sehne weg war.“ Ohne Fremdeinwirkung gerissen, die Achillessehne. Mit Jens Kirchen trifft es nach Philippe Persch bereits zum zweiten Mal in dieser Saison einen Borussen-Spieler. Björn Klos hat es darüber die Sprache verschlagen, der Trainer schüttelt den Kopf: „Unglaublich, diese Serie der schweren Verletzungen! So was habe ich noch nicht erlebt.“

Derweil wird Jens Kirchen, die Hände vors Gesicht geschlagen, von Masseur Horst Martin, Vereinsarzt Dr. Sebastian Richter und den Mannschafskameraden Patrick Seidel und Jonas Merhej vom Platz getragen, begleitet vom aufmunternden Beifall der Borussen-Fans, der diesmal – anders als in vielen erfolgreichen Spielen dieser Saison – eher als traurige Begleitmusik wirkt. In der Klinik dann die bittere Bestätigung der befürchteten Verletzung. Auf Gehstützen kehrt Jens Kirchen 90 Minuten nach Spielende ans Borussia-Heim zurück, wird dort von Mannschaft und Fans mit großem Applaus empfangen. Wie es jetzt weitergeht? „Am Dienstag habe ich Termin in Ottweiler im Krankenhaus, am Mittwoch die Operation und hoffentlich am Wochenende dann wieder zuhause“, so der29jährige, der sich trotz zahlreicher Beschwerden stets in den Dienst der Mannschaft gestellt hatte. Schon die ganze Saison über klagte Borussias Nummer zehn über muskuläre Beschwerden, laborierte am Ende der Winterpause an einer Fersenentzündung, die Wadenmuskulatur machte immer wieder zu. Nur sehr dosiert konnte er zeitweise trainieren – Hinweise auf eine mögliche Vorschädigung der Achillessehne? „Das kann man nicht genau sagen, aber förderlich war es sicher nicht, dass ich immer wieder gespielt habe“, meint Jens Kirchen. Unbedingt helfen wollte der Teamplayer der Mannschaft bei der Aufholjagd Richtung Tabellenspitze. Viele entscheidende Tore hat er dabei erzielt: Sein 1:0 war der „Dosenöffner“ beim 2:0 gegen Köllerbach, ein Kirchen-Tor brachte den Sieg gegen den TuS Herrensohr, auch beim 2:1 gegen Mettlach und Schwalbach sorgte Borussias Mittelfeldmann jeweils für den entscheidenden Treffer, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Mit 13 Toren ist er bislang Borussias bester Torschütze in dieser Spielzeit, dazu sicherer Elfmeterschütze. Nicht umsonst wählten ihn die User des Internet-Portals fupa.net zehnmal zu ihrem „Spieler des Spiels“, zweimal wurde er in die „fupa.net-Elf der Woche“ gewählt.

Der Achillessehnenabriss ist die dritte schwere Verletzung für Jens Kirchen in den letzten knapp vier Jahren. Am 27. August 2014 zog sich der Pechvogel beim Oberligaspiel gegen die Spvgg Wirges nach damals gerade einmal einer Minute einen Kreuzband- und Meniskusriss im linken Knie zu. Er war damals in Top-Form, hatte in den ersten fünf Saisonspielen vier Tore erzielt. Im April 2015 kehrte Jens Kirchen wieder ins Team zurück. Nur drei Monate später, im Juli 2015, erneuter Kreuzbandriss – das Karriere-Ende drohte. Doch Jens Kirchen, aufgrund seiner vorbildlichen Mentalität längst zum Publikumsliebling geworden, kämpfte sich mit enormer Willenskraft zurück. Als er am 1. August 2016 beim 4:0-Testspielsieg gegen Avenir Beggen (Luxembourg) erstmals wieder eingewechselt wurde, erhoben sich die Zuschauer spontan von den Plätzen – Gänsehaut-Feeling im Ellenfeld! 15 Spiele bestritt Jens Kirchen anschließend im schwarz-weißen Trikot. Zwar konnte er mit seinen fünf Toren den schmerzlichen Abstieg aus der Oberliga nicht verhindern, war aber einer der ersten, der sich auch weiter zu Borussia bekannte: „Ich bleibe auf jeden Fall. Ich habe mein Wort gegeben. Man muss als Fußballer auch bei einem Verein bleiben, wenn schlechte Zeiten angebrochen sind“, bekräftigte der gebürtige Mettlacher.

In seinem Heimatort Lampaden im vorderen Hochwald hat Jens Kirchen mit dem Fußball angefangen. In der E-Jugend wechselte er zur Eintracht nach Trier. Trainer Markus Kneip holte ihn anschließend in die A-Jugend zum SV Mettlach. Dort konnte Jens Kirchen auch ein Jahr in der Oberliga Erfahrungen sammeln. Nach dem Abstieg aus der Oberliga ging es für drei Jahre zum CS Petange in die erste luxemburgische Liga. Dort erzielte Jens Kirchen, meist auf der Außenbahn eingesetzt, in 72 Spielen neun Tore, spielte dann ein Jahr unter Peter Rubeck beim SVN Zweibrücken in der Regionalliga. Bemerkenswert: Überall wurde er schnell zum Stammspieler! Seit August 2013 trägt Jens Kirchen das Trikot mit dem goldenen „B“ auf der Brust, ist längst im Ellenfeld heimisch geworden und hat als Techniker bei der Firma Getrey in Neunkirchen eine Arbeitsstelle gefunden.

Auch wenn er jetzt im Saisonfinale beim VfB Dillingen nicht auf dem Platz mithelfen kann, so will Jens Kirchen unbedingt von außen seine Kameraden pushen. „Ich hoffe, dass ich nach gut verlaufener OP am Wochenende die Klinik verlassen kann. Falls nicht, lasse ich mich abholen und nach dem Spiel wieder zurückfahren“, kündigt der Spielmacher an. Die Aussichten, an der Papiermühle die Rückkehr in die Oberliga perfekt zu machen, schätzt er gar nicht so schlecht ein: „Die Mannschaft ist in der Lage, dort den noch fehlenden Punkt zu holen. Wir sollten allerdings nicht den Fehler machen, uns hinten reinzustellen und auf 0:0 zu spielen. Wir müssen mitspielen, ein Tor machen und dann Sicherheit gewinnen“, lautet sein Rezept. „Wenn wir dann wirklich aufsteigen, hat sich ja alles doch noch gelohnt“, fügt er hinzu. Gelohnt – das klingt, mit Blick auf seine Verletzung, fast ein bisschen sarkastisch. Kleiner Trost: Für Sohn Finn (4) wird Jens Kirchen demnächst ein bisschen mehr Zeit haben. Aber ganz ehrlich: Dem Nachwuchs wäre ein fitter und gesunder Papa sicher viel lieber!

Die ganze Borussia-Familie wünscht unserem Jens Kirchen beste Genesung und alles erdenklich Gute – Kopf hoch Jens, Borussia steht hinter Dir!

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