„Hoffnungsvoll, aber noch nicht über den Berg!

Informationsabend für Mitglieder wird dem Versprechen auf Transparenz und Seriosität gerecht / Vorstand der Borussia steht Rede und Antwort zur augenblicklichen Situation

Keine leichte Aufgabe: Der Borussen-Vorstand mit (v.l.) Alena Nürnberger (Finanzen), Jan Berger (Sport), Jörg Eisenhuth (erster Vorsitzender), Michael Raber (Jugend) und Christian Müller (Beisitzer) informierten die Mitglieder über die derzeitige Lage des Vereins. (Foto: Nicky Kassner)

Die Nachricht war eingeschlagen wie eine Bombe. Dass die Borussia finanziell nie auf Rosen gebettet war und ist, war klar. Aber das Szenario einer unmittelbar drohenden Insolvenz hatte Anfang Januar Mitglieder, Freunde und Fans im Ellenfeld dann doch ebenso überrascht wie geschockt. Nachdem die Situation lange unklar war, wurden in einer Informationsveranstaltung am vergangenen Donnerstag nun die Karten auf den Tisch gelegt. „Wir haben uns Transparenz und Seriosität auf die Fahnen geschrieben“, so Borussias Finanzchefin Alena Nürnberger auf der Borussen-Homepage. Diesem Anspruch wurde die neue Vorstandschaft vollauf gerecht: Am Ende der gut besuchten Veranstaltung wurden die Fragen der Mitglieder offen und ehrlich beantwortet.

Der erst Vorsitzende Jörg Eisenhuth hatte zu Beginn des rund einstündigen Austauschs mit den Mitgliedern zunächst einmal einen chronologischen Ablauf der sich überstürzenden Ereignisse gegeben. Beim Versuch, die Mitgliederbeiträge einzuziehen, habe man am 4. Dezember 2024 feststellen müssen, „dass wir eine Pfändung auf dem Konto haben. Davon wussten wir nichts, da vorher in keiner Form irgendeine schriftliche Benachrichtigung erfolgt war. So mussten wir zunächst einmal tagelang herumtelefonieren, um an Informationen heranzukommen, von wem die Pfändung ist und in welcher Höhe“, berichtet Jörg Eisenhuth. Ihm und seinen Vorstandskollege waren damit die Hände gebunden: „Wir waren nicht zahlungsunfähig, aber handlungsunfähig! Laufende Kosten konnten nicht mehr gezahlt werden. Auch ein Einzug der Mitgliedsbeiträge war nicht möglich – Geld, das uns natürlich fehlt!“ Der offizielle Bescheid über die Pfändung sei dann am 18. Dezember vom Finanzamt gekommen. Darüber hinaus habe jedes Vorstandsmitglied vom Finanzamt die Mitteilung erhalten, unter Umständen privatrechtlich zur Haftung herangezogen werden zu können. Nichtsdestotrotz habe keiner aus dem amtierenden Vorstand auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet zurückzutreten. Im Gegenteil: „Wir haben von der ersten Sekunde an gesagt: Wir gehen das gemeinsam an, wir kämpfen, und wir kriegen das auch hin!“ 

Dass es überhaupt zu dieser prekären Situation gekommen war, hatte eine Ursache darin, „dass es – im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren – offenbar versäumt worden war, mit den öffentlichen Trägern wie Finanzamt, Berufsgenossenschaft und Knappschaft eine Ratenzahlung zu vereinbaren, um der Vollstreckung zu entgehen. Jetzt im Nachgang war dann keine Verhandlung oder Ratenzahlung mehr möglich“, erklärte Jörg Eisenhuth, der aber keine Vorwürfe erheben wollte: „Es ist jetzt müßig, dafür jemanden an die Wand zu nageln. Ich selbst gehörte auch dem Vorgänger-Vorstand an und habe es somit auch verpasst, mich darum zu kümmern, bin also genauso verantwortlich wie alle anderen“, so Borussias Vereinschef ganz ehrlich. Ein weiterer, nicht unwesentlicher Grund für die Misere: „Ausgebliebene Sponsorenbeiträge in Höhe von etwa 70.000 Euro – sei es durch Aufkündigung, sei es durch Insolvenz, sei es durch Nichteinhaltung von Zusagen.“ Namen wollte Jörg Eisenhuth an dieser Stelle nicht nennen, „da wir natürlich weiter in Gesprächen mit unseren Partnern sind“

Alena Nürnberger, so Jörg Eisenhuth weiter, sei dann auf die Idee einer Spendenaktion über die Plattform gofundme gekommen. „Diese Aktion ist sehr gut gelaufen. Ich hätte es vorher nie für möglich gehalten, eine Summe von derzeit über 50.000 Euro auf diese Weise einzusammeln. Durch diese großzügige Unterstützung, für die mich bei allen Spenderinnen und Spendern aus ganz Deutschland (!) ganz herzlich bedanken möchte, war es uns möglich, die dem Finanzamt geschuldete Summe von 52.000 Euro komplett zu tilgen.“ Oberstes Ziel sei es gewesen, das Konto wieder frei zu bekommen. Was die ausstehenden Zahlungen an Berufsgenossenschaft und Knappschaft angeht, könne Borussias Vorstand jedoch noch keine Aussagen treffen, weil es da derzeit noch ein laufendes Verfahren beim Landgericht Saarbrücken gebe.

Gespannt lauschten die zahlreich anwesenden Mitglieder der Borussia den Ausführungen des Vorstandes. (Foto: Nicky Kassner)

Grundsätzlich, so die weiteren Ausführungen von Jörg Eisenhuth, müsse man unterscheiden zwischen Altschulden und den aktuellen Verbindlichkeiten. 2016 seien vom Verein Darlehen aufgenommen worden, um die Insolvenz abzuwenden. „Diese Darlehen bedienen wir seitdem monatlich. Sie gefährden nicht unsere Existenz“, lautet die klare Feststellung. Allerdings, das gab der Vorsitzende zu, schränkt uns das natürlich insofern ein, als wir dieses Geld natürlich im Alltagsbetrieb lieber anders einsetzen würden.“ Zudem seien in den letzten Jahren Altschulden und Verbindlichkeiten von rund 300.000 Euro abgebaut worden. „Aber damit sind wir noch lange nicht über den Berg, es gibt noch einige Steine, die aus dem Weg geräumt werden müssen“, kann der Vorsitzende keine Entwarnung geben.

Auf die Frage, welche Maßnahmen jetzt weiter ergriffen werden müssen, gibt es für Jörg Eisenhuth eine einfache Formel: „Wir müssen die Ausgaben verringern und die Einnahmen erhöhen!“ Wie das konkret gestaltet werden soll, darüber gab es weitere Auskünfte. Neben zuversichtlich stimmenden Gesprächen (auch) mit (neuen) Sponsoren sei man in der Planung, den Stadionnamen des traditionsreichen und historischen Ellenfeld zu vermarkten. Des Weiteren gebe es Veranstaltungen wie zum Beispiel die Faschingsfete am Weiberdonnerstag im VIP-Raum, ein Bierstand beim Fastnachtsumzug und eine Feier. Hoffnungen hege man auch Einnahmen im Falle einer weiteren Teilnahme am Saarlandpokal. Hier hat die Borussia bekanntlich das Viertelfinale erreicht, wo sie Ende März zuhause auf den Sieger der Partie Quierschied gegen Wiesbach trifft. Auf der Ausgabenseite sie durch Abgabe einiger Spieler in der Winterpause eine Entlastung der Kaderkosten erreicht worden. Jörg Eisenhuth bedankte sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich beim Trainerteam Jan Berger und Jörg Backes: „Sie haben sich vom ersten Tag an mit der Borussia total identifiziert, wie ich es selten erlebt habe – immer einsatzbereit, immer hilfsbereit!“ Nie vergessen werde er die Aussage Jan Bergers zur schwierigen Situation: „Wir kämpfen, kämpfen, kämpfen – und wenn es nicht reicht, bin ich der letzte, der das Licht ausmacht, ehe ich gehe!“

Großes Kompliment an Jan Berger und Jörg Backes: „Vom ersten Tag an totale Identifikation mit der Borussia“ bescheinigt der Borussen-Vorstand dem Trainerteam. (Foto: -jf-)

Das war dann auch das Stichwort für den Borussen-Coach, ein paar Worte zur sportlichen Situation zu sagen. Kernbotschaft: „Wichtig ist es, die von außen auf uns einwirkenden Umstände so weit wie irgend möglich von der Mannschaft fernzuhalten!“ Das sei auch der Grund, weshalb bis auf Kapitän Marco Dahler und Nicki Backes kein Spieler an diesem Abend anwesend sei: „Das ist von uns so gewollt. Die Jungs sollen sich auf das Sportliche fokussieren. Wir haben noch eine Aufgabe, eine Rückrunde vor uns und wollen noch weiter nach vorne“, so die unmissverständliche Ansage des Trainers, der zurecht darauf hinwies, „dass wir auch im Winter immer wieder alles Mögliche getan haben, auf sportlichem Weg positive Werbung zu machen. So haben wir auch bei den Hallenturnieren Präsenz gezeigt, was bei der Borussia in de letzten Jahren nicht immer der Fall war.“ Im Bezug auf die Kaderplanung führte Jan Berger weiter aus, „dass es von Anfang an unsere Intention war, eine gewisse Struktur in den Kader zu bringen, die wir nicht ganz so vorgefunden haben, wie wir uns das vorgestellt hatten. So haben wir uns viele Gedanken gemacht und bereits im Oktober mit den Planungen und Vertragsgesprächen begonnen, um auch eine Bereinigung zu bewirken. Ein Kader mit 23, 24 Spielern ist einfach zu groß, da kann man keinen zufrieden stellen.“ Das Trainerteam sei jetzt zuversichtlich, den schwierigen Spagat zwischen Kostensenkung und schlagkräftigem Kader hinzubekommen: „Wir denken, dass wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, um die gesteckten Ziele zu erreichen: Nämlich ganz oben mitzuspielen und die Chance zu haben, auch mal wieder eine Meisterschaft hier in Neunkirchen zu feiern.“ Jan Bergers Wunsch an die Mitglieder und Anhänger: „Habt Vertrauen in uns! Wir hatten bisher immer ein gutes Näschen bei der Kaderplanung und haben das auch diesmal!“ Bewiesen haben das die beiden Trainer bereits bei ihren Tätigkeiten in Eppelborn und Auersmacher, wo jeweils der Aufstieg in die Oberliga gelang. Nach dem Motto: Im ersten Jahr genau hinschauen und analysieren, im zweiten Jahr konsequent und akribisch den Kader umstrukturieren und Erfolg haben!

Großes Kompliment an Daniel Rodenbusch: „Schon jetzt tolle Arbeit geleistet“, konnte sich Jan Berger vom augenblicklichen Zustand der neuen U23 überzeugen. (Foto: -jf-)

Erfreut zeigte sich Jan Berger auch über den Neuaufbau der U23. „Ein rund 20 Mann starker und konkurrenzfähiger Kader wird ab 1. Juli an den Start gehen. Der neue Trainer Daniel Rodenbusch hat da jetzt schon tolle Arbeit geleistet, denn in der Qualität zwischen der vorherigen und der neuen U23 liegen Welten“, konnte Borussias Cheftrainer anlässlich seiner Besuche bei den ersten Trainingseinheiten der neue „Zweiten“ schon feststellen. Wichtig sei es in diesem Zusammenhang auch, „jetzt eine U19 aufzustellen, um die daraus hervorgehenden Nachwuchskräfte in die U23 durchzuschleusen. Wir sind gut dabei, aber das ist ein Prozess, der noch Zeit benötigt!“

Stichwort Jugend – hier gab Jugendvorstand Michael Raber aktuelle Informationen: „Etwa 160 Jugendliche spielen derzeit bei der Borussia Fußball. Die A-Jugend mussten wir leider zurückziehen, weil an den Spieltagen nicht genügend Jungs zur Verfügung standen. Wir haben die B-Jugend als U18 angemeldet. Fünf A-Jugendliche werden aber Teil der neuen U23 sein. Die C-Jugend spielt in diesem Jahr Bezirksliga und wird im nächsten Jahr in der Landesliga vertreten sein, die B-Jugend wird Landesliga-Qualifikation spielen. Wir sind auf einem guten Weg!“ Sorgen bereite lediglich die Trainerfindung im F- und E-Jugendbereich: „Hier ist weniger das traditionelle Trainerprofil gefragt, sondern ehe Papas oder Mamas, die den Kindern zur Seite stehen. Da fehlt es uns auch wegen des hohen Migrationsanteils von über 60 Prozent noch an Unterstützung.“ Hier hofft Michael Raber auf das Engagement interessierter Fußballfreunde, die soziale Verantwortung übernehmen und Gutes tun wollen.

160 Jugendliche spielen derzeit bei der Borussia Fußball – bei 66 Prozent Migrationsanteil (Michael Raber) ist das verbunden mit einem guten Stück Sozialarbeit!  Gesucht werden noch Trainer und  Betreuer in F- und E-Jugend. (Foto: Jugendabteilung Borussia Neunkirchen)

Nach abschließender Fragerunde schloss Jörg Eisenhuth nach gut einer Stunde die sehr informative Veranstaltung im VIP-Raum des Ellenfeld-Stadions mit einem festen Verspechen, das allen Mitgliedern und Freunden der Borussia eine gute Portion Optimismus mit auf den Weg geben darf: „Wir als Vorstand werden jeden Tag alles in unseren Kräften Stehende tun, um die Borussia in eine gute Zukunft zu führen. Und wir sind zuversichtlich, dass wir das gemeinsam schaffen!“ Großer Beifall bekundete die volle Zustimmung der Borussen. Dass die Veranstaltung gut angekommen ist, bewies auch die Tatsache, dass der vom Ältestenratsmitglied Ulf Danner herumgereichte Pokal von den anwesenden Mitgliedern mit weiteren Spendengeldern von 1050,- Euro gefüllt wurde – ein schöner Vertrauensbeweis für die neue Vorstandschaft. „Echte Freunde stehen zusammen“, singen die „Höhner“ in Köln, doch an diesem Abend erhielt auch das von Dieter Woll zum Finale beherzt angestimmte Lied von den „Freunden der Borussia“ einen ganz besonders echten Solidaritätscharakter! (-jf-)