120 Jahre „die Klub“ – herzlichen Glückwunsch, FKP!

Der alte Borussia-Rivale aus der Westpfalz feiert Vereinsjubiläum / Erinnerungen an eine große gemeinsame Zeit im Fußball-Südwesten / Zahlreiche Parallelen zwischen FKP und Borussia

Unser Bild: Gefahr vor dem Borussen-Tor auf dem Horeb – Torhüter Horst Kirsch bläst die Backen auf, Stopper Erich Leist beobachtet die Situation. (Foto: Hartung / Ellenfeld-Verein Archiv Borussia Neunkirchen)

Der FKP oder „die Klub“. Ja was denn jetzt? Männlich oder weiblich? Folgt man dem Namen, mit dem der Verein im Grenzland des Pfälzer Waldes im Dialekt bezeichnet wird, ist der FK Pirmasens, pardon: „die Klub“, eine Dame. Eine alte, ehrwürdige Dame. Sogar noch zwei Jahre älter als die Borussia. Gegründet am 10. Juni 1903 feiert der Verein in diesen Tagen sein 120jähriges Bestehen. 120 Jahre mit vielen Höhen und Tiefen, bitteren Niederlagen und Aufsehen erregenden Erfolgen, stets in sportlicher Rivalität zur Borussia aus dem Ellenfeld, zu der es aber auch einige Parallelen gibt. Anlass genug, dem FKP nicht nur zum Jubiläum zu gratulieren, sondern auch in Wort und Bild auf ein paar Highlights zurückzublicken.

Wie das Ellenfeld wurde das Stadion des FKP an der Zweibrücker Straße 1912 in Betrieb genommen. Zwei Tage vor dem ersten Spiel im Ellenfeld, das bekanntlich am 7. April die Borussen mit den Kickern des 6. Königlich-Sächsischen Infanterie-Regiments Nr. 105 aus Straßburg zusammenführte und mit einem 6:3-Sieg der Neunkircher Jungs endete, wurde der „Horeb“, im Alten Testament der „Berg der Verheißung“, mit der Partie gegen den BSC Old Boys Basel eingeweiht. Die Schweizer Gäste siegten 6:3. Wie im alten Ellenfeld, wo am 19. April 1959 gegen den 1. FC Kaiserslautern mit seinen Weltmeistern Fritz Walter, Horst Eckel und Werner Liebrich mit 25.000 Fans ein Zuschauerrekord aufgestellt worden war, passierten – ebenfalls gegen die Roten Teufel – etwa 25.000 Fans die Tore des Horeb. Bis 2003 spielte „die Klub“ im legendären und stimmungsvollen Stadion, das dann einer Erweiterung des benachbarten Unternehmen Kömmerling weichen musste. Seitdem sind die Blauen im neuen Stadion auf der Husterhöhe heimisch geworden. Wie die Borussia von Hütte, Eisenwerk und Schlossbrauerei profitierte, lebte der FKP lange Zeit von der Unterstützung der in der Stadt und im Umland beheimateten Schuhindustrie. „Wir hatten mal 312 Schuhfabriken, von 5 Arbeitern im Keller bis zu 1500 in der Fabrik. Jetzt ist die Schuhindustrie fast ganz verschwunden“, weiß Ehrenpräsident Gustav Käfer in Werner Skrentnys Buch „Teufelsangst vorm Erbsenberg“ zu berichten und bringt das Problem auf den Punkt: „Als es denen gut ging, stand es auch um den FKP gut.“ Ein Fazit, das man auch in Neunkirchen ganz ähnlich ziehen kann. Hinzu kommt ein grundsätzlicher Nachteil der Pirmasenser: Die abseitige Lage der Stadt, das fehlende Hinterland und die übermächtige Konkurrenz des Nachbarn aus Kaiserslautern.

Volle Ränge garantiert: Die Traditionsduelle zwischen FKP und Borussia elektrisierten Ende der 50er- bis weit in die 60er-Jahre hinein die Massen im Südwesten – sei es auf dem Horeb mit Günter Kuntz und FKP-Keeper Peter Jann (Foto oben) oder im Ellenfeld mit Elmar May (re.) und Heinz Simmet (Foto unten, im Hintergrund). (Fotos: Hartung / Ellenfeld-Verein Archiv Borussia Neunkirchen)

Große Erfolge kann der traditionsreiche Verein mit derzeit knapp 900 Mitgliedern in seiner Chronik auflisten – beginnend mit dem Meistertitel 1930 in der damals höchsten Spielklasse, der Bezirksliga Saar, und endend mit dem Aufstieg in die Regionalliga 2018. Absolute Höhepunkte erlebte der FKP Ende der 50er- und Anfang der 60er-Jahre: 1958, 1959 und 1960 dreimal in Folge Südwestmeister in der alten Oberliga, 1962 hinter der Borussia Vizemeister. Die „blauen Dragoner“, wie die Mannschaft im „Sportecho“ der „Pirmasenser Zeitung“ genannt wurden, hatten den Roten Teufel dem Rang abgelaufen. 1958, nach dem erstmaligen Gewinn der Südwestmeisterschaft, bereiteten die Pirmasenser ihren Fußball-Helden nach der Rückkehr aus Koblenz-Neuendorf einen triumphalen Empfang. „Der Exerzierplatz war schwarz von Menschen.  Über 10.00 Leute haben uns gefeiert“, erinnert sich Ex-Spieler Heini Seebach in einem Beitrag der „Rheinpfalz“ 2019 an die goldenen Jahre. Das war jene Zeit, in der die Pfälzer in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft bis zu 65.000 Fans im Ludwigshafener Südweststadion mobilisierten, die sich an Siegen wie dem 4:0 gegen den 1. FC Köln oder dem 4:1 gegen Werder Bremen begeisterten. „Das Geld, das wir im Südwest-Stadion einnahmen, reichte für ein ganzes Jahr“, machte Gustav Käfer die finanziellen Dimensionen des Erfolgs deutlich. Das war jene Zeit, in der Nationalspieler wie Torhüter Heinz Kubsch (im 54er-Weltmeister-Aufgebot von Sepp Herberger) oder die aus Dortmund geholten Torjäger Helmut Kapitulski und Trainer Helmut Schneider am Horeb das Szepter schwangen. Das war jene Zeit, in der sich FKP und Borussia vor stets vollen Rängen spannende Duelle lieferten.

Für die Borussen gab es dabei auf dem „Berg der Verheißung“ nur selten was zu erben. Nur dreimal konnten die Schwarz-Weißen aus dem Ellenfeld zwischen 1957 und 2004 dort gewinnen, kassierten aber 19 Niederlagen. Besser sah hingegen die Bilanz im Ellenfeld aus: 16 Siegen stehen 6 Niederlagen gegenüber. Zu Gast war die Borussia bei einem der letzten großen Erfolge des FKP: In der Premierensaison der 2. Liga Süd sorgten die Pfälzer 1975 unter der Ägide von Trainer Bernd Hoss für Furore und standen dicht vor dem Einzug in die Bundesliga, für die man bei der Gründung 1963 trotz der vorangegangenen Titel nicht berücksichtigt worden war. Das torreiche 5:3 gegen die Borussen am 18. Juni, dem letzten Spieltag, bedeutete den zweiten Tabellenplatz, der zwei Aufstiegsspiele gegen den Nord-Zweiten Bayer 05 Uerdingen bescherte. 15.00 auf dem proppenvollen Horeb gingen beim 4:4 im Hinspiel durch ein Wechselbad der Gefühle, im Rückspiel in der Grotenburg waren beim 0:6 alle Aufstiegsträume zerplatzt wie eine Seifenblase.

Paul Pidancet (re., Nr. 8) im Nahkampf mit Peter Jann – der FKP-Keeper war 1962 von Wacker 04 Berlin in die Pfalz gekommen und erwies sich als würdiger Nachfolger des 54er-WM-Torwarts Heinz Kubsch. (Foto: Hartung / Ellenfeld-Verein Archiv Borussia Neunkirchen)

Nach dem 2. Liga-Abstieg 1978 kannte die Kurve des FKP nur noch einen Weg: Nach unten. Nicht verwunderlich: Die Gelder flossen lange nicht mehr so wie in den guten Zeiten. Bis in die Landesliga rutschten die einstmals stolzen FKPler ab. Seit 1997 pendelt man auf der Husterhöhe zwischen Oberliga und Regionalliga, in letztere war man zwischen 2014 und 2022 für acht Jahre zurückgekehrt. In der vergangenen Spielzeit kämpfte „die Klub“ lange um Titel und Relegationsplatz in der Oberliga mit, musste am Ende aber dem TSV Schott Mainz und der TuS Koblenz den Vortritt lassen. Für Aufsehen sorgte zwischendurch in der Saison 2006/2007 ein 5:3-Sieg in der ersten DFB-Pokalrunde gegen Werder Bremen. Und immer wieder schafften es junge Leute aus dem Nachwuchs in höhere Spieklassen, wie etwa die Lauterer Uwe Fuchs, Tom Dooley oder Hannes Riedl. Auch ein gewisser Horst Nusbaum, der später unter dem Künstlernamen Jack White Karriere als Musikproduzent machen sollte, trug das blaue Trikot.

Wenn am kommenden Wochenende anlässlich des 120jährigen Bestehens das „Klubfeschd“ mit zahlreichen Attraktionen unweit des „framas-Stadions“ auf der Husterhöhe über die Bühne geht, werden jede Menge Nostalgie-Gefühle geweckt werden. Die Borussia gratuliert ihrem alten Rivalen ganz herzlich zum Jubiläum, wünscht nicht nur gelungene Feiertage, sondern für die kommenden Jahre viel Glück und Erfolg! Es wäre schön, wenn es in absehbarer Zeit mal wieder auf dem grünen Rasen lauten könnte: „Die Klub“ gegen unsere Borussia. Ein solches Traditionsduell hätte sicher nach wie seine Anziehungskraft auf die Fußballfreunde zwischen Ostsaar und Westpfalz nicht verloren. (-jf-)

Unsere Bildergalerie lässt die eine oder andere Szene aus den umkämpften Spielen zwischen dem FKP und der Borussia im Ellenfeld und auf dem Horeb noch einmal aufleben. (Alle Fotos: Hartung / Ellenfeld-Verein Archiv Borussia Neunkirchen)

13 Kommentare

  1. Großartiger Artikel. Vielen Dank für die mühevolle Arbeit!!
    Ich habe seit den 1970er Jahren die meisten Duelle zwischen unseren beiden Traditionsklubs live in beiden Stadien miterlebt. Die Spiele waren immer ein absolutes Highlight.

  2. Danke für die eingehende und trotz der Rivalität von Wohlwollen und Respekt getragene Würdigung durch einen sportlichen „Zeitgenossen“, der die „Aufs“ und „Abs“ , die Parallelität von sportlicher und wirtschaftlicher Entwicklung von Verein und Umfeld wie kaum ein zweiter miterlebt hat.

  3. Schöner Beitrag. Ja, der FKP ist ein besonderer Verein. Er steht in der Tradition unserer Borussia in keinster Weise nach und hatte 1963, genau wie wir die Qualifikation zur BL verdient. Mit Wehmut denke ich an den Horeb, wenn ich auf der B 10 an früherer Stelle vorbei fahre.

    Glückwunsch für 120 Jahre „Die Klub“

    Prof. Dr. Jens Kelm
    ÄR der Borussia
    Stadiongesellschaft Ellenfeld
    ELLENFELD e.V.

  4. Randvolle Stadien, abgrundtiefes Geläuf und Fans im heimischen Ellenfeld auf den Betonleisten der Außenfassade der Ellenfeld-Sporthalle. Wie riesig können die Unterschiede zu heute den überhaupt sein. Beide großen Traditionsclubs sind weit von ihrer früheren Bestform entfernt. Ich, der erst in den mittleren 1980er-Jahren erstmals ins Ellenfeld ging, kann auch von einem stets reizvollen und hitzigen Südwestderby dieser großen Rivalen berichten. Ich erinnere mich an stets knappe Ergebnisse und häufige Niederlagen unserer Borussia gegen den FKP. Genauso gerne erinnere ich mich an die permanente Brisanz, auf dem Spielfeld und auf den Rängen. Lesenswerter Bericht wie immer von Jo Frisch, Gruß auch an die anderen Schreiber, ins besondere an Jens Kelm, und natürlich besonders bemerkenswert, diese imposante Bilderstrecke. Wird aus dem Traum jemals noch einmal Wirklichkeit, dass es in einem Ligaduell Borussia Neunkirchen gegen FK Pirmasens heißt. Wahrscheinlich ist eher, dass noch einmal zu diesem Ligaduell kommen wird, aber dies in ausverkauften Stadien, ob jetzt in Neunkirchen oder Pirmasens, dies bleibt wohl leider eher Utopie. Seien wir gespannt, was uns die kommenden Jahre noch alles bringen werden. In diesem Sinne!
    Craig-Maikel Kunz( ehemaliger Redakteur „Blick ins Ellenfeld“, „Treffpunkt Ellenfeld“, „Borussia Online“ sowie Mitarbeiter Archivgruppe Borussia Neunkirchen)

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