Aus der Traum!

Bitterer für Borussia: In einem typischen packenden Pokalfight 2:6-Niederlage nach Verlängerung gegen Palatia Limbach / Finaleinzug verpasst / Zweifacher Torschütze für Borussia: Nico Christmann

Sebastian Cullmann kämpfte sichtlich mit den Tränen, brauchte Zuspruch (Foto unten/-jf-). Borussias Mittelfeldspieler, der nach seiner Einwechslung auf der linken Außenbahn viel frischen Schwung ins Angriffsspiel seiner Mannschaft gebracht hatte, wurde in diesem Moment bewusst, was gerade passiert war: „A once-in-a-lifetime chance verpasst“, murmelte er vor sich hin, war kaum zu trösten. Seinen Mitspielern, dem Trainerteam und dem kompletten Staff ging es nicht anders. Ein gutes Gespür für das jetzt Notwendige hatten die Borussen-Fans: Sie verabschiedeten ihre Jungs nicht nur mit aufmunterndem Beifall, sondern auch mit Worten, die eine „Jetzt-erst-recht!“-Stimmung widerspiegelten, um Frust und Enttäuschung in positive Energie umzuwandeln: „Auch wenn es allen wehtut, sehr weh tut: Es geht weiter, immer weiter!“ Dennoch: Die meisten derjenigen, die es gestern Abend mit der Borussia hielten, werden noch ein wenig brauchen, um das Erlebte sacken zu lassen und zu verarbeiten.

„Road to Saarbrigge“ hatte der Borussen-Anhang auf einem großen Transparent den Jungs ganz in Gelb mit auf den Weg gegeben. Und die kamen entsprechend gut in die Partie, denn schon nach ein paar Minuten hatte Dominik Cullmann, nachdem er sich auf dem linken Flügel durchgetankt hatte, die Führung auf dem Schlappen, fand aber in Limbachs Torwart Jonas Brass seinen Meister, der mit blitzschneller Fußabwehr einen Einschlag im kurzen Eck zu verhindern wusste (7.). Nach 20 Minuten lag dann das Leder nach einem Kopfball von Tim Klein tatsächlich erstmals im Netz der Gäste, doch Schiedsrichter Lukas Jungfleisch verweigerte dem Treffer auf ein Signal seines Linienrichters, der eine Abseitsposition erkannt haben wollte, die Anerkennung. Nach etwa 25 Minuten kam die Palatia besser ins Spiel: Dominik Jost musste nach Steilpass in höchster Not retten (24.) und parierte auch gegen Lukas Höh (30.), musste dagegen bei einem Distanzschuss von Benedikt Wagner aus aussichtsreicher Position nicht eingreifen, weil der Ball dann doch deutlich am Tor vorbeistrich (37.). Keine Abwehrmöglichkeit hatte der Borussen-Keeper allerdings kurz vor der Pause gegen den Schuss von Tom Koch, der nach Auflage von Dustin Lill abzog und den Ball links im Kasten versenkte: Ein Tor mit Ansage, denn in den Minuten zuvor hatten sich die Borussen, die zunächst aggressiv nach vorne verteidigt hatten, mehr und mehr in die eigene Hälfte zurückdrängen lassen, waren stellenweise zu weit weg von den Gegenspielern, so dass die Gäste zunehmend die Initiative an sich reißen und das Leder besser durch die Reihen laufen lassen konnten.

Nach vorne: Offensive legte Jan Berger seinen Schützlingen nach dem Seitenwechsel ans Herz (oben), während der verletzte Simon Schreibeisen noch optimistisch war, dass seine Mannschaftskameraden das Ding für ihn noch ziehen könnten (unten). (Fotos: -jf-)

Wasser auf die taktischen Mühlen der Palatia war dann das 0:2, das Dustin Lill nach einem flinken Konter und Zuspiel von Lasse Ekstein nach 54 Minuten erzielte. Jetzt waren die Borussen gefordert, mussten mehr Risiko gehen, ein Vabanque-Spiel, das natürlich dem schnellen Umschaltspiel der Gäste entgegenkam. Jan Berger reagierte sofort und brachte mit Sebastian Cullmann und Nico Christmann frische Offensivimpulse in die Partie. Das zeigte Wirkung, denn Borussia hatte jetzt Gelegenheiten zum Anschlusstreffer. Nachdem der wieder enorm fleißige und laufstarke Lennart Niederländer das Ziel nicht getroffen hatte (58.), versagten bei einer Doppelchance nach einem Missverständnis in der Palatia-Abwehr sowohl Niklas Backes als auch Sebastian Cullmann offensichtlich die Nerven, als ihre Abschlüsse frei vor dem Tor in letzter Sekunde noch abgeblockt werden konnten – da hatten die Borussen-Fans den Torschrei schon auf den Lippen (62.). Mit zunehmender Spieldauer versuchten die Jungs von Jan Berger und Jörg Backes im unermüdlichen Bemühen um den Anschluss, Druck aufzubauen, gewannen auch vermehrt Zweikämpfe – und wurden nach 67 Minuten endlich belohnt: Einen von Lennart Niederländer scharf hereingeschlagenen Eckball verlängerte Marco Dahler mit dem Schopf zu Nico Christmann, der in seinem Rücken herangerauscht kam und das Leder per Kopf in die Maschen wuchtete.

Dieser Treffer war das Signal für eine äußerst turbulenten und wilden Schlussphase, in der es hin und herging und in der auf beiden Seiten Treffer möglich waren. Vor allem die Palatia versäumte es gegen eine recht offene Borussen-Defensive, bei einigen sich bietenden Konterchancen, den Sack endgültig zuzumachen. So scheiterte Carl Maximilian Blug zunächst an Dominik Jost, auch der Nachschuss fand nicht den Weg ins Netz (87.), und zwei Minuten später visierte Limbachs Nummer 9 lediglich den Pfosten an. Als Borussen-Kapitän Marco Dahler, der jetzt nur noch in der Offensive zu finden war, nach Flanke von Sayfedine El Khadem aus kurzer Distanz vor Torhüter Brass nicht mehr ganz an den Ball herankam, sanken die Hoffnungen im Neunkircher Lager auf den Ausgleich und eine Verlängerung auf den Nullpunkt. Aber in der Nachspielzeit schlugen die Borussen, die große Moral bewiesen, dann doch noch zu: Wieder war Nico Christmann, wie zwanzig Minuten zuvor, per Kopf erfolgreich: 2:2! Für die Palatia, die zuvor sehr verschwenderisch mit ihren Kontergelegenheiten umgegangen war, hatte sich eine alte Binsenweisheit des Fußballs bestätigt: Machst du die Dinger vorne nicht rein, musst du dich nicht wundern, wenn du sie hinten reinkriegst!

Da ist das 2:2: Mit dem Mute der Verzweiflung wuchtet Nico Christmann in der Nachspielzeit das Leder ins Limbacher Netz und rettet Borussia die Verlängerung (oben), während Marco Dahler in guter Position den Ball vor Limbachs Torhüter Brass nur um Haaresbreite vepasst (unten). (Fotos: -jf-)

Das Momentum lag jetzt auf Seiten der Borussen, die nachzulegen versuchten und am Drücker blieben. Die scheinbare 3:2-Führung durch Tim Klein wurde erneut zurückgepfiffen (95.), während Nico Christmann zu hoch zielte (99.). Doch ein geradlinig vorgetragener Gegenangriff der Palatia brachte – wie aus dem Nichts – die Vorentscheidung, als Julius Bauer vor Dominik Jost cool blieb und die Gäste wieder in Führung brachte (100.). „So ein Sch…-Konter“ entfuhr es Trainer Jan Berger, der dann kurz nach Beginn der zweiten Hälfte der Verlängerung mit ansehen musste, wie sich ein Sonntagsschuss am Mittwochabend von Tim Mohr hinter Dominik Jost ins Tor senkte (106.) – 2:4! Wieder lief Borussia einem Zwei-Tore-Rückstand hinterher. Sollte ein erneuter Kraftakt gelingen? Zwar steckten die Schützlinge von Jan Berger und Jörg Backes nicht auf, mussten aber doch jetzt offensichtlich dem Körner-Verschleiß Tribut zollen. Darüber hinaus hatten die Limbacher, die – nebenbei bemerkt – durch die Vorverlegung ihres Punktspiels am vergangenen Wochenende zwei Tage länger Zeit zum Regenieren hatten, ganz offensichtlich aus den Versäumnissen der regulären Schlussphase gelernt und nutzen nun frei nach dem Motto „Jeder Schuss ein Treffer“ die sich bietenden Konterchancen mit äußerster Effektivität zu zwei weiteren Toren. Von Bedeutung waren die freilich nicht mehr.

Bemerkenswert: Schulterschluss mit dem Borussen-Anhang nach dem Abpfiff – die Fans verabschiedeten ihr Team mit viel Zuspruch und Aufmunterung: „Jetzt erst recht!“ (Fotos: -jf-)

Nach mehr als 120 Minuten blies der Unparteiische Lukas Jungfleisch zum letzten Mal an diesem Abend in seine Trillerpfeife. Die 1150 Zuschauer in der ausverkauften Ferraro-Sportarena hatten einen typischen, packenden Pokalfight mit hohem Unterhaltungswert gesehen – mit dem besseren, aber sicherlich gemessen an den Spielanteilen zu deutlichen Ende für die Gäste aus Limbach. Unterschiedlicher konnten in der Folge die Reaktionen auf dem Platz nicht ausfallen. Auf der einen Seite unbeschreiblicher Jubel, im anderen Lager verständlicherweise Riesenenttäuschung, Frust, Traurigkeit: Die Borussen sanken zu Boden, die „Road to Saarbrigge“ war zu Ende. Aus der Traum! (-jf-)

Statistik Pokalhalbfinale: Borussia – Palatia Limbach 2:6 (0:1, 2:2) n. V.

Borussia: Dominik Jost – Mujittin Erdem Bastürk, Tim Cullmann (ab 54. Sebastian Cullmann), Marco Dahler, Lukas Hoffmann, Nico Purket (ab 76. Tim Braun), Christoph Stemmler, Niklas Backes (ab 94. Tim Klein), Dominik Cullmann (ab 61. Sayfedine El Khadem), Lennart Niederländer, Tim Klein (ab 54. Nico Christmann). – Trainer: Jan Berger, Jörg Backes.

Tore: 0:1 (44.) Tom Koch, 0:2 (53.) Dustin Lill, 1:2 (67.) Nico Christmann, 2:2 (90.+5) Nico Christmann, 2:3 (100.) Julius Bauer, 2:4 (106.) Tim Mohr, 2:5 (108.) Lukas Höh, 2:6 (117.) Lukas Höh. – Schiedsrichter: Lukas Jungfleisch (1. FC Saarbrücken). – Zuschauer: 1150 (ausverkauft). – Gelbe Karte Borussia: Mujittin Erdem Bastürk (59.).

Unsere Bilder zeigen weitere Eindrücke vom Pokalabend in der Ferraro-Sportarena. (Fotos: -jf-)

6 Kommentare

  1. Limbach hatte am Freitag ein Punktspiel , Borussia am Sonntag ein Spiel in Homburg, in dem es für Borussia um die goldene Ananas ging. Warum beantragte Borussia keine spielverlegung oder trat mit einer Ersatzmannschaft an ?
    Noch schlimmer finde ich jedoch, dass man nicht versuchte das Spiel auf den 1. Mai ins Ellenfeldstadion zu verlegen, vor sicherlich einer größeren Kulisse. Es ging bei diesem Spiel schließlich um vielleicht 250 000 €.
    Wenn es Brei regnet muss auch einen Löffel haben.

  2. So ist das nun einmal. Fußball ist ein harter, aber ehrlicher Sport. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Palatia dieses (vermutlich große) Los völlig zurecht gezogen hat. Im Leben muss man sich Dinge erarbeiten – und Borussia ist seit gefühlten Jahrzehnten auf dem falschen Weg.

    Mehrere Insolvenzen, immer sind es angeblich die anderen schuld. Die Realität ist irgendwo zwischen all dem am Ellenfeld verloren gegangen. Und diese Realität heißt inzwischen eben Palatia Limbach oder auch Merchweiler. Das ist nicht tragisch – aber es ist die Wahrheit.

    Was mir Sorgen macht, ist die Zukunft. Trotz Insolvenz und ausstehender Gehälter wird weiter investiert, werden Spieler geholt, die nur wegen ein paar Euro mehr zur Borussia wechseln. Das alles ist auf Dauer nicht tragfähig. Liebe Borussia, ihr habt es leider verbockt!

    Und das gestrige Spiel wurde nicht verloren, weil Limbach zwei, drei Tage mehr Pause hatte. Nein – Palatia wollte den Sieg einfach mehr! Junge, hungrige Spieler, die den Fußball lieben. Ein Team, das seit Jahren gezielt aufgebaut wurde. Das hat sich den Sieg verdient – Punkt.

    Was man der Borussia sagen möchte: Kommt endlich in der Realität an! Und die Realität heißt heute Limbach, Merchweiler, Mettlach oder Reisbach!

    • Gebe dir 100% Recht. Auch auf def PK hat man trotz überstander Insolvenz sofort über Neuzugänge gefaselt. Namen müssen sie haben. Trainer Berger will den schnellen Erfolg. Stattdessen müsste man jetzt eine neue, zukunftsweisende Strategie fahren, mit Talenten und die Früchte in einigen Jahren ernten. Beispiele in der Liga gibt es genug, die der Borussia im Pokal oder mit einer Meisterschaft schon mal gezeigt haben wie das auf Dauer erfolgreich sein kann, zB Limbach, Quierschied….

  3. Das Spiel hätte- wie es zig andere schon geschrieben haben- ins Stadion gemusst! Heute 1 Mai zb. Dort wären wir nicht so ausgekontert worden und der Flair hätte eventuell neue Fans gebracht. Alles falsch gemacht. Vor allem Die Mannschaft 6 Gegentore lachhaft

  4. Ich bin froh, dass endlich viele sich meiner Kritik an der Stadion-Posse angeschlossen haben.
    Ob wir dort gewonnen hätten??? Keine Ahnung. Fakt ist: In der Saison haben wir Limbach im Stadion geschlagen, kann also kein schlechtes Omen sein.

    Mir ging es aber darum, allen Fans ein tolles Stadionerlebnis zu bieten, mal wieder ein atmosphärisches Spiel zu erleben.

    Mit ein wenig Cleverness hätte man am 1.Mai ein großes Programm rund um das Spiel machen können (Bsp. Duell von Traditionsmannschaften als Einlagespiel).

    Wie bereits an anderer Stelle erwähnt: Man hat dadurch ca 5000 € leichtfertig verschenkt.
    Vom Ansehen das man hätte zusätzlich gewinnen können ganz zu schweigen.

    Nein, Eisenhuth hat natürlich nicht das Soiel verloren.
    Daran würde ich ihn nie messen.

    Ich messe ihn an seiner Organisation. Und die war unter aller Kanone und diese Rasenpflege ist der Witz des Jahrtausends!!!

  5. ich war nicht schauen, aber auf den Bildern sieht es aus als wenn Limbach ein Heimspiel gehabt hat?? wie viele Limbacher waren gefühlt dort von den 1100 Zuschauern? ins Stadion wären am 01.mai bestimmt 3000 gekommen

    war aber auch im Vorfeld der Meinung man hätte auf dem Kunstrasen bessere Chancen….

    dann wäre es ein cleverer Schachzug gewesen auf die 2000 Zuschauer mehr zu verzichten aber lieber zu gewinnen und potentielle 200.000 Euro mehr durch den DFB Pokal zu bekommen als die 5000 Euro Mehreinnahmen im stadion.. …

    die Mannschaft war denke ich zu sehr unter Druck zu gewinnen weil jeder damit gerechnet hat und Limbach war der krasse aussenseiter obwohl sie direkt neben der Borussia in der Tabelle sind und gar kein aussenseitet waren…. dann noch die vielen Limbacher Fans ….

    aber 6 Gegentore zu bekommen ist einfach nur eine Frechheit… wie hat eigentlich der hochgebriesene abwehrmann gespielt welchen wir verpflichtet haben mit der schön zu lesenden Vereinshistorie?

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